Mit Three Kingdoms liefern die Total War-Entwickler von The Creative Assembly 7 Jahre nach Rome 2 endlich wieder einen historischen Hauptteil der Serie. Wir haben uns für euch ins antike China gestürzt und um die Kaiserkrone gekämpft. Ob sich der Weg zum Kaiser lohnt, erfahrt ihr in unserem Test.
Total War: Three Kingdoms – Wer kann China einen?
Three Kingdoms spielt in einer berühmten Epoche der chinesischen Antike um 200 nach Christus, der Zeit der Drei Reiche. Die herrschende Han-Dynastie ist untergegangen und der Kaiserthron leer. Das bleibt aber nicht lange so, denn eine Vielzahl von potenziellen Nachfolgern steht bereits in den Startlöchern, allen voran die Reiche Wei, Wu und Shu. Bei wem es bei diesen Namen klingelt, der hat wohl schon einmal was von den Dynasty Warriors-Spielen gehört, die in exakt derselben Epoche angesiedelt sind. Uns jedenfalls waren Namen wie Cao Cao, Liu Bei und Sun Jian sofort ein Begriff. Wer aber die Dynasty Warriors-Spiele nicht kennt und noch nie was von dieser Zeit gehört hat, versteht erstmal nur Bahnhof.
Total War: Three Kingdoms – Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr
Zu Beginn der Kampagne wählen wir aus einer überschaubaren Anzahl von Fraktionen diejenige aus, die wir zur Vorherrschaft führen wollen. Alle Fraktionen verfügen über spezielle Boni, von denen zunächst überraschend viele mit Diplomatie zu tun haben. Ebenso ist jede Fraktion mit berühmten Charakteren der Epoche gespickt, die alle ihre eigene Persönlichkeit haben.
In den ersten Runden der Kampagne passiert dann erstmal nichts Aufsehenerregendes. In typischer Total War-Manier bauen wir unsere Siedlungen aus, stampfen Armeen aus dem Boden und bereiten unsere Welteroberung vor. Schon bald zeigt sich aber, dass Diplomatie in Three Kingdoms eine wesentlich größere Rolle spielt als in den jüngsten Total War-Ablegern. Und das tut der Serie richtig gut! Denn einerseits bekommen wir nun bei der Diplomatie die Wahrscheinlichkeit der Zustimmung detailliert aufgeschlüsselt. Dadurch können wir endlich gezielt Diplomatie betreiben, wobei uns verschiedenste diplomatische Mittel zur Verfügung stehen. Beispielsweise dürfen wir endlich wieder mit Gebieten handeln. Andererseits müssen wir schon zu Beginn der Kampagne auf der Hut sein, dass unsere Feinde uns nicht politisch isolieren und mit ihren Verbündeten umkreisen. Wer hier zu unbedarft an die Sache rangeht, findet sich schnell mit dem Rücken zur Wand wieder. Daher gilt es, aktiv Diplomatie zu betreiben. Hier entwickelt Three Kingdoms eine motivierende Dynamik, da wir permanent damit beschäftigt sind, möglichst vorteilhafte diplomatische Beziehungen einzugehen und unseren Feinden zu schaden. Zählt eine Fraktion heute noch zu unseren Freunden, kann sie morgen ein erbitterter Feind sein, und andersherum. Allein mit dieser dynamischen Diplomatie kann man schon einige Zeit verbringen, doch das Reich muss natürlich auch verwaltet werden.
Total War: Three Kingdoms – Wer Herrschaft sagt, der sagt auch Verwaltung
Wie schon in früheren Teilen besteht unser Reich aus Gebieten, die jeweils in eine Haupt- und diverse Nebensiedlungen aufgeteilt sind. Soweit die Staatskasse es zulässt, sind wir ständig am Ausbauen unseres Reiches. Three Kingdoms ermöglicht es uns dabei, unsere Gebiete gezielt auf bestimmte Bereiche wie etwa Militär, Handel oder Landwirtschaft zu spezialisieren. Außerdem können wir unsere Charaktere auch für zivile Zwecke, etwa als Stadtverwalter einsetzen. Dort gewähren sie uns entsprechend ihrer Persönlichkeit bestimmte Boni. All das erhöht zwar die Spieltiefe, letztlich spielen wir hier aber trotzdem kein Civilization, dazu entwickeln wir unsere Siedlungen zu sehr nach Schema F. Hinzu kommt, dass die Menüführung bei aller Liebe zum Detail wirklich unnötig kompliziert ist. Besonders Neulinge können hier von der schieren Zahl von Menüs und Untermenüs geradezu erschlagen werden. Selbst uns als Total War-Veteranen ist die Menüführung öfter sauer aufgestoßen. Beispielsweise ist es unsinnig kompliziert, sich während einer diplomatischen Verhandlung über die Freunde und Feinde des Verhandlungspartners zu informieren. Three Kingdoms erschwert es durch seine verschachtelte Menüführung massiv, sich zügig mit den Kernmechaniken des Spiels vertraut zu machen. Sind diese aber einmal verstanden, offenbaren sie sich auch schnell als relativ simpel. So müssen wir im Prinzip nur die öffentliche Ordnung, unsere Staatskasse und die Nahrungsproduktion im Auge behalten. Und das ist ab einem gewissen Punkt in der Kampagne nur noch nervige Routine. Es gibt auch einen Forschungsbaum, über den wir verschiedene Boni, Gebäude und Einheiten freischalten können. Aber auch das verkommt sehr schnell zur reinen Routine.
Total War: Three Kingdoms – Hat jemand nach einem Helden gerufen?
Eine große Neuerung bei Three Kingdoms ist, dass wir die Kampagne in zwei Spielmodi bestreiten dürfen. Der Geschichtsmodus kommt mit romantisch überhöhten Helden und deren unglaublichen Taten daher. Der historische Modus hingegen verzichtet auf Superkrieger. Stattdessen erscheinen unsere Generäle als normale Einheiten mit Leibgarde auf dem Schlachtfeld.
Der Geschichtsmodus verspricht epische Duelle zwischen Generälen und auch sonst viel Kitsch. Dazu passend ist die Charakterverwaltung in Three Kingdoms wirklich sehr umfangreich. Von Reittieren über Rüstungen bis hin zu Begleitern können wir unsere Generäle stark individualisieren sowie bei Levelaufstiegen Fähigkeitspunkte verteilen. So können wir viel Zeit damit verbringen, unsere Generäle möglichst optimal auszurüsten. Generäle verteilen sich in Three Kingdoms auf 5 Klassen: Wächter, Kommandanten, Vorreiter, Streiter und Strategen. Jede Klasse kann dabei nur bestimmte Einheitentypen rekrutieren, weshalb die Zusammensetzung unserer Armeen zunächst eine wichtige Rolle spielt. So besteht das Gefolge von Strategen beispielsweise aus Fernkämpfern. Später schalten wir über die Forschung allerdings Eliteeinheiten frei, die dann allen Klassen zur Verfügung stehen. Das untergräbt natürlich das eigentliche Konzept. Theoretisch müssen wir auch darauf achten, dass die Generäle einer Armee sich untereinander verstehen. In der Praxis haben schlechte Beziehungen der Generäle untereinander aber kaum einen merkbaren Einfluss auf das Spiel. Trotz dieser inkonsequenten Designentscheidungen wäre das alles leicht zu verschmerzen, wenn die Heldengefechte denn Spaß machen würden.
Doch genau hier liefert The Creative Assembly nicht. Die auf dem Papier so spannend klingenden Heldenduelle offenbaren sich als spielerisch belanglos. Zu gering sind unsere Möglichkeiten, abgesehen vom sporadischen Auslösen von Spezialfähigkeiten, den Ausgang eines Duells zu beeinflussen. So sind die Duelle letztlich zwar schön anzusehen, doch auch dazu haben wir im Getümmel der Schlacht eigentlich keine Zeit. Bei der Ankündigung dieses Spielmodus waren wir bereits skeptisch. Als alteingesessene Dynasty Warrios-Veteranen wagten wir es jedoch, von massenhaft epischen Momenten zu träumen. Und wir wurden bitter enttäuscht. Gerade im Vergleich zu den Helden in den Warhammer-Ablegern der Total War-Serie hätte The Creative Assembly hier eine so viel bessere Spielerfahrung liefern können, wenn nicht sogar müssen.
Bleibt noch der historische Modus. Dieser bietet im Wesentlichen die klassische Total War-Erfahrung, aber eben auch nicht viel Neues. Anders als im Geschichtsmodus müssen wir hier auf die Erschöpfung unserer Truppen achten und unsere Generäle sind normale Menschen. Das war es dann aber auch schon wieder mit den wichtigen Unterschieden. Unserer Meinung nach hätte sich The Creative Assembly besser auf einen Spielmodus festlegen und diesen dann konsequent entwickeln sollen. So spielt sich der Geschichtsmodus nur wie ein lauer Aufguss der Helden aus den Warhammer-Teilen.
Total War: Three Kingdoms – Ernüchterung auf dem Schlachtfeld
Spielmodi hin oder her, alles gut, solange die Gefechte Laune machen, oder? Schade nur, dass Three Kingdoms gerade hier keine großen Verbesserungen bietet. Die Schlachten spielen sich ziemlich blutleer. Das liegt zum einen an der schwachen Performance der Helden, zum anderen aber auch an den Schlachtmechaniken selbst. Wenn etwa unsere Kavallerie mit vollem Tempo in den Gegner reitet, fehlt uns einfach die Wucht des Einschlags. Zudem ähneln sich alle Einheitentypen sehr stark. Das mag zwar dem historischen Hintergrund geschuldet sein, sorgt im Spiel aber dafür, dass es auf dem Schlachtfeld massiv an Abwechslung mangelt. Den Kampf von Speerkämpfern gegen etwas bessere Speerkämpfer haben wir so schon unzählige Male gesehen. Three Kingdoms gelingt es nicht wirklich, uns das Gefühl gewaltiger Massenschlachten zu vermitteln, was wir angesichts der Kulisse sehr schade finden. Auch sind unsere taktischen Möglichkeiten nicht gerade ausufernd. Da beispielsweise die Fähigkeit, Formationen zu bilden, von unseren Generälen abhängt, sind wir oft mit Einheiten unterwegs, die nicht einmal simple Formationen einnehmen können. Hier verschenken die Entwickler durch unglückliche Designentscheidungen viel taktisches Potential. Aber sind taktische Meisterleistungen in diesem Total War überhaupt nötig?
Total War: Three Kingdoms – Geniale Gegenspieler oder Kanonenfutter?
Das führt uns zum klassischen Sorgenkind der Total War-Reihe: der KI. Hier bietet sich uns ein zwiespältiges Bild. Auf der einen Seite ist da die KI auf der Kampagnenkarte. Diese agiert zumeist recht clever und versucht aktiv, uns den Rang abzulaufen oder sich bei uns einzuschmeicheln. Natürlich gibt es auch Aussetzer, besonders im Kriegszustand, wenn feindliche Armeen lieber sinnlos herumwandern, statt unserer schwächeren Armee nachzusetzen. Insgesamt befindet sich die KI auf der Kampagnenkarte aber auf einem recht ordentlichen Niveau. Anders sieht es da bei der Schlacht-KI aus. Feindliche Armeen fallen nämlich zu oft durch vorhersehbare Manöver auf und stellen eher selten eine wirkliche Herausforderung dar. So kehrt bei den Schlachten schnell die Gewohnheit ein, nur noch wirklich knappe Gefecht selbst zu spielen.