Lost Soul Aside hat in der Gaming-Szene fast schon Kultstatus erreicht, lange bevor es überhaupt erschienen ist. Die vielen Trailer, die Geschichten um die schwierige Entwicklung und das Versprechen einer Mischung aus Final Fantasy und Devil May Cry haben die Erwartungen in die Höhe getrieben. Für mich war deshalb klar, dass ich dieses Spiel unbedingt ausprobieren musste. Doch wie viel Substanz steckt hinter all dem Glanz und den Jahren des Wartens. Wird Lost Soul Aside am Ende wirklich zu dem Erlebnis, das so oft heraufbeschworen wurde oder bleibt es ein Traum, der an der Realität zerbricht?
Lost Soul Aside – Eine Reise zwischen Hoffnung und Ernüchterung
Lost Soul Aside ist eines dieser Spiele, die schon Jahre vor dem Release Legendenstatus hatten. Einst von einem einzigen Entwickler begonnen, später durch Sonys China Hero Project gefördert, wanderte das Projekt fast ein Jahrzehnt lang durch Ankündigungen, Trailer und Versprechen. Als ich es nun endlich auf der PS5 Pro starten konnte, war die Spannung groß. Ich fragte mich, ob das lange Warten sich gelohnt hat oder ob die vielen Vorschusslorbeeren am Ende eine Last sind, die das Spiel nicht tragen kann.
Der erste Eindruck war zwiespältig. Auf der einen Seite bekam ich sofort das Gefühl, dass hier eine klare Liebe zum Genre spürbar ist. Schon die Einführung ins Kampfsystem zeigte mir, dass das Herz von Lost Soul Aside in der Action schlägt. Die Kämpfe wirkten flüssig, die Steuerung reaktionsschnell und ich war neugierig, welche Möglichkeiten sich im weiteren Verlauf eröffnen würden. Doch gleichzeitig fiel mir rasch auf, dass die Inszenierung nicht mithalten konnte. Dialoge wirkten steif, Zwischensequenzen verloren sich in hölzernen Animationen und die Welt präsentierte sich weniger lebendig, als ich gehofft hatte. Genau dieses Spannungsfeld zog sich wie ein roter Faden durch meine gesamte Spielerfahrung.
Lost Soul Aside – Die Geschichte bleibt blass
Über Jahre hinweg wurde Lost Soul Aside immer wieder als ein Spiel präsentiert, das eine epische Handlung mit emotionalem Gewicht bieten sollte. Ich hoffte auf eine Geschichte, die mir Charaktere näherbringt und mich mitreißt. In der Praxis entpuppte sich die Story jedoch als generisches Gerüst.
Das Reich, das seine Bevölkerung unterdrückt, der Widerstand, der dagegenhält, eine außerweltliche Bedrohung, die plötzlich zurückkehrt und eine Schwester, deren Seele gerettet werden muss. All das klang auf dem Papier nach großem Drama, in der Umsetzung wirkte es wie eine Aneinanderreihung bekannter Versatzstücke. Ich hatte selten das Gefühl, wirklich überrascht zu werden. Vieles blieb oberflächlich, Wendungen wirkten vorhersehbar und die Erzählung kam kaum in Fahrt..
Kaser als Hauptfigur war für mich besonders enttäuschend. Er sieht zwar so aus, als hätte man ihn direkt aus einem modernen Final-Fantasy-Spiel kopiert, doch dahinter blieb er leer. Seine Beweggründe wurden nie klar greifbar. Louisa, die Schwester, deren Schicksal eigentlich den emotionalen Antrieb liefern sollte, blieb ebenfalls blass und austauschbar. Die Nebenfiguren hatten kaum mehr als Stichwortcharakter.
Einzig Arena, der Drache, der Kaser begleitet, bot mir in den ersten Spielstunden einen Hauch von Eigenständigkeit. Er kommentierte das Geschehen, verlieh Kaser neue Kräfte und erinnerte mich fast an eine Mischung aus Mentor und Antagonist. Doch je länger ich spielte, desto mehr ging mir sein ständiges Gerede auf die Nerven. Er wiederholte sich, seine Kommentare verloren an Gewicht und irgendwann wirkte er eher störend als bereichernd.
Am meisten litt die Story unter der schwachen Präsentation. Manche Szenen sollten episch sein, etwa wenn ein Dorf von feindlichen Truppen überrannt wird, doch die emotionale Wirkung verpuffte. Dazu trug auch die englische Sprachausgabe bei, die ich nach kurzer Zeit komplett abschaltete. Zu oft wirkten die Stimmen emotionslos oder unpassend. Auf Japanisch war es etwas erträglicher.
Alles in allem fühlte sich die Geschichte für mich wie ein notwendiger Rahmen an, nicht wie ein Herzstück des Spiels. Sie führte mich von einem Schauplatz zum nächsten, ohne dass ich jemals das Bedürfnis hatte, wirklich zu erfahren, wie es weitergeht.
Lost Soul Aside – Kämpfe als wahres Fundament
Wo die Story schwächelte, konnte mich das Kampfsystem packen. Hier spürte ich die ganze Leidenschaft der Entwickler. Von Anfang an wurde ich behutsam herangeführt. Leichte Gegner boten Gelegenheit, Kombos zu üben, während Tutorials die Grundlagen klar erklärten. Bald darauf zeigte das Spiel jedoch, dass es mehr will als oberflächliches Buttonmashing.
Das Wechseln zwischen Waffen im laufenden Kampf verlieh mir ein Gefühl von Freiheit. Ich begann mit einem Standardschwert, doch schon bald schaltete ich größere Waffen frei. Jede brachte ihren eigenen Rhythmus mit. Mit der Sense konnte ich weite Flächen kontrollieren, das Großschwert dagegen verlieh mir kraftvolle Hiebe, während leichtere Klingen schnelle Kombos ermöglichten. Je länger ich spielte, desto mehr fand ich Freude daran, Waffen fließend zu kombinieren.
Besonders spannend waren die Burst-Angriffe, die bei perfektem Timing den Kampf plötzlich beschleunigten. Wenn mir eine Abfolge aus Ausweichen, Blocken und anschließendem Konter gelang, fühlte ich mich wie in einem perfekt choreografierten Tanz. Genau diese Momente machten die Faszination aus.
Die Bosskämpfe ragten noch einmal deutlich heraus. Kaum ein Gegner ließ sich stumpf besiegen. Stattdessen musste ich Muster erkennen, Schwachstellen nutzen und Timing üben. Ein Boss relativ am Anfang stellte für mich eine echte Hürde dar. Erst nach mehreren Versuchen gelang mir der Sieg und der Moment war so befriedigend, dass ich fast jubeln wollte.
Natürlich gab es auch hier Schwächen. Manche Gegner waren schlicht zu widerstandsfähig. Kämpfe, die spannend hätten sein können, zogen sich unnötig in die Länge. Auch die Trefferwirkung ließ oft zu wünschen übrig. Schläge wirkten manchmal wie Luftstöße, weil die Gegner kaum sichtbar reagierten. Trotzdem blieb der Kampf das Highlight. Er motivierte mich immer wieder, selbst dann, wenn die Story oder die Technik mich ermüdeten.
Lost Soul Aside – Vom Neuling zum Krieger
Die Lernkurve von Lost Soul Aside war ungewöhnlich. Anfangs kam ich problemlos voran. Die Kämpfe wirkten einfach, fast schon zu simpel. Doch nach einigen Stunden zog der Schwierigkeitsgrad spürbar an. Plötzlich verlangte das Spiel exaktes Timing, konsequentes Ausweichen und ein gutes Gespür für die Stärken meiner Waffen.
Ich erinnere mich an mehrere Kämpfe, die sich fast wie Rätsel anfühlten. Schritt für Schritt probierte ich neue Kombinationen, wechselte Waffen und suchte nach der richtigen Abfolge. Mal scheiterte ich mehrfach, bevor ich die Lösung fand. Doch genau das machte den Reiz aus. Ich merkte, wie sich meine Fähigkeiten verbesserten. Jeder Fortschritt war erarbeitet, nicht geschenkt.
Frust blieb dennoch nicht aus. Manchmal fühlte ich mich gezwungen, minutenlang auf zähe Gegner einzuschlagen, ohne dass sich das Spiel belohnend anfühlte. Auch die Kamera machte mir zu schaffen. In engen Arealen verlor ich leicht den Überblick, was bei präzisem Timing fatal sein kann. Trotzdem hatte ich den Eindruck, dass die Entwickler wollten, dass ich wachse. Dieses Gefühl von Progression trug mich weiter, selbst in den schwierigen Momenten.
Lost Soul Aside – Grafikpracht mit angezogener Bremse
Optisch wirkte Lost Soul Aside auf mich wie ein Spiel, das zwischen zwei Generationen festhängt. In manchen Momenten beeindruckten die Lichteffekte, die flüssigen Animationen im Kampf oder die Gestaltung einzelner Bosse. In anderen Szenen fühlte ich mich zurückversetzt in die mittleren PS4-Jahre.
Die Charaktermodelle erinnerten an Wachsfiguren. Gesichter waren ausdruckslos, Lippenbewegungen oft nicht synchronund die Emotionen der Figuren kamen kaum rüber. Dazu kamen Umgebungen, die hübsch dekoriert waren, aber selten interaktiv. Ich hatte oft den Eindruck durch Kulissen zu laufen, die zwar ansehnlich wirken, aber nichts zu erzählen haben.
Auf der technischen Seite kann ich sagen, dass das Spiel auf der PS5 Pro überwiegend stabil läuft. Im Performance-Modus hatte ich konstante 60 Bilder pro Sekunde, was für ein Actionspiel dieser Art entscheidend ist. Den Grafik-Modus mit 30 Bildern habe ich gar nicht lange ausprobiert, weil er das Kampferlebnis deutlich verschlechterte. Kleinere Ruckler traten zwar hin und wieder beim Erkunden auf, waren jedoch nie so gravierend, dass sie mir den Spaß komplett nahmen. Die Steuerung funktionierte in Kämpfen präzise. Probleme gab es dagegen bei Sprungpassagen. Plattform-Abschnitte verlangten mehr Genauigkeit, als die Steuerung hergab. Kaser landete nicht immer da, wo ich es erwartete, Bewegungen wirkten schwammig und doppelte Sprünge fühlten sich instabil an. Diese Momente frustrierten mich spürbar.
Beim Soundtrack hatte ich dagegen kaum etwas zu meckern. Die Mischung aus orchestralen Klängen und treibenden Metal-Elementen passte hervorragend zu den Gefechten. In ruhigeren Momenten erinnerten mich die Melodien an Anime-Produktionen oder an Studio-Ghibli-Filme. Leider war die Abmischung der Audiospuren nicht immer sauber.
Lost Soul Aside – Im Schatten der Großen
Es ist unmöglich, Lost Soul Aside zu spielen ohne an die Genregrößen wie Devil May Cry, Bayonetta oder Metal Gear Rising zu denken. Auch die Einflüsse von Final Fantasy sind unverkennbar. Kaser wirkt wie ein naher Verwandter von Noctis, das Drama lehnt sich an klassische Square-Enix-Muster an und das Kampfsystem trägt deutliche Spuren von Capcoms Action-Titeln.
Das Problem ist nicht die Inspiration, sondern das fehlende eigene Profil. Während die großen Vorbilder es schaffen, eine eigene Identität zu entwickeln, bleibt Lost Soul Aside wie ein Flickenteppich aus geliehenen Ideen. Mal will es episches Rollenspiel sein, mal reines Action-Spektakel. Am Ende ist es keines von beiden richtig.
Dabei steckt Potenzial im Ansatz. Würde das Spiel konsequent auf die Kämpfe setzen, die Story straffen und die Technik feiner ausarbeiten, könnte daraus ein moderner Klassiker entstehen. So aber wirkt es wie ein Werk, das seine Helden bewundert, ohne selbst eine Stimme zu finden.
Fazit
Lost Soul Aside ist ein Spiel voller Gegensätze. Es glänzt in seinen Kämpfen, enttäuscht jedoch bei Story, Figuren und Technik. Manche Bosse haben mich begeistert und die Freiheit im Kampfsystem war ein starker Antrieb für mich. Gleichzeitig spürte ich oft Leere, wenn die Handlung ins Zentrum rückte oder die Technik schwächelte.
Für mich bleibt es ein Spiel, das Fans des Genres durchaus Freude bereiten kann, solange die Erwartungen angepasst sind. Wer auf ein Meisterwerk gehofft hat, wird ernüchtert. Wer sich dagegen auf fordernde Action einlassen will und mit erzählerischen Schwächen leben kann, findet hier einige Stunden intensiver Unterhaltung.