Anfang Dezember veröffentlichten die Entwickler von Assassin’s Creed Odyssey mit dem komplett neuen Franchise Immortals Fenyx Rising ein quietschbuntes Action-Adventure, das allem Anschein nach leichte Unterhaltung für die Weihnachtszeit verspricht. Schon im Vorfeld wurden viele Vergleiche zu Nintendos Flaggschiff The Legend of Zelda: Breath of the Wild gezogen. Wie gut das Spiel geworden ist, und ob es ans große Vorbild heranreicht, erfahrt ihr in unserem Test.
Immortals Fenyx Rising – Von Göttern und Monstern
In Immortals Fenyx Rising verschlägt es uns als Fenyx in die Welt der griechischen Mythologie. Der Titan Typhon hat die Götter auf der Goldinsel entmachtet, indem er ihnen ihre Essenzen gestohlen hat. Dadurch stürzt er die Spielwelt ins Chaos und bringt sie an den Rand des Untergangs. So sind alle Menschen versteinert und aus der Unterwelt des Tartaros strömen allerlei mythische Bestien in die Welt. In dieser Situation treten wir mit unserem / unserer im überschaubaren Charakter-Editor individualisierten Fenyx an, die Dinge wieder ins Lot zu bringen und Typhon seinen Platz zu zeigen.
In der Spielwelt dominieren kräftige bis knallige Farben. Während der comichafte Look Geschmackssache ist, ist die Spielwelt an sich hervorragend designt. Zunächst hat jede der 5 Regionen der Goldinsel ihr eigenes markantes Aussehen. Das „Tal des ewigen Frühlings“ der Göttin Aphrodite hält etwa, was der Name verspricht. Der Titan Python hat es sich hingegen in der Mitte der Spielwelt in einer Region gemütlich gemacht, die genauso einladend wirkt wie Mordor. Insgesamt zeichnet sich die Spielwelt durch ein liebevolles und abwechslungsreiches Design aus, das auch eine große Liebe zum Detail erkennen lässt.
Immortals Fenyx Rising – Ubisoft meets Zelda
Schon nach wenigen Spielminuten wird klar, dass sich die Entwickler von Ubisoft am großen Vorbild aus dem Hause Nintendo orientieren. Eigentlich sind die Parallelen geradezu erschlagend: Wie in Nintendos The Legend of Zelda: Breath of the Wild treten wir an, die Spielwelt von einem Superbösewicht zu befreien.
Dazu müssen wir die Essenzen von vier Göttern zurückholen, die jeweils in einem Dungeon versteckt sind. Vier der fünf Regionen der Goldinsel sind dabei jeweils einer Gottheit gewidmet. Neben der Erkundung dieser großen Dungeons durchstreifen wir die offene Spielwelt, bekämpfen Gegner, lösen kleinere bis größere Rätsel und meistern verschiedene Herausforderungen.
Auch grundlegende Spielmechaniken ähneln sehr stark dem großen Vorbild: Mithilfe unserer Flügel gleiten wir majestätisch von Anhöhen, die wir zuvor mühsam erklommen haben. Bei Letzterem müssen wir dabei stets unsere Ausdaueranzeige im Blick behalten, damit wir nicht kurz vor einem Gipfel doch noch herunterfallen. Weiterhin bewegen wir mittels der Armschienen des Herakles schwere Objekte wie Kugeln oder Felsen, was wir vor allem zur Lösung der vielen Rätsel brauchen. Ebenso zähmen wir zur schnelleren Fortbewegung in der Spielwelt verstreute Reittiere.
Betrachten wir die Spielwelt unterdessen einmal genauer, fällt uns aber wieder auf, dass wir uns in einer Open World von Ubisoft befinden: denn auch in Immortals Fenyx Rising erklimmen wir Aussichtspunkte, um interessante Orte in der Spielwelt zu markieren, was wir hier aber manuell tun dürfen. Dementsprechend schnell füllt sich unsere Karte mit Symbolen. Die Sorge, dass wir es hier wie dereinst in Assassin’s Creed Odyssey mit enorm viel Beschäftigungstherapie zu tun bekommen, bestätigt sich dabei aber glücklicherweise nicht.
Immortals Fenyx Rising – Ein bisschen Spaß muss sein
Insgesamt nimmt sich Immortals Fenyx Rising nicht so ernst wie das große Vorbild aus dem Hause Nintendo. So wird zum Beispiel unser Fortschritt stets durch das Kommentatoren-Duo aus Prometheus und Zeus kommentiert. Während Prometheus dabei stets um eine ernsthafte und pathetische Erzählung der Geschichte bemüht ist, hat Zeus den ein oder anderen lockeren Spruch auf Lager. Dabei macht er auch mal die ein oder andere Anspielung etwa auf die Popkultur der heutigen Zeit.
Diese Vermischung von antiker Mythologie und heutiger Welt sorgt für eine heitere Atmosphäre. Insbesondere die Art, wie klassische Sagen der griechischen Antike kommentiert werden, sorgt für den ein oder anderen Lacher. Allerdings zünden nicht alle Gags, denn einige Kommentare sollen so offensichtlich lustig sein, dass wir uns bisweilen für den Göttervater schämen.
Aber auch die anderen Charaktere, denen wir im Lauf unseres Abenteuers begegnen, machen eine liebenswürdige Figur. Da wäre beispielweise der Götterbote Hermes zu nennen, der uns durch seine jugendliche und leicht verschlagene Art einige Male ein Lächeln aufs Gesicht zaubert.
Alles in allem dominieren in Immortals Fenyx Rising trotz der eigentlich düsteren Ausgangslage heitere Töne, was für ein locker flockiges Spielerlebnis sorgt. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir es bei Fenyx‘ Abenteuer auf der Goldinsel mit einem guten und anspruchsvollen Action-Adventure zu tun haben. Dafür gibt es im Wesentlichen drei Gründe.
Immortals Fenyx Rising – Die Erkundung der Spielwelt macht Spaß
Die Open World-Aktivitäten in Immortals Fenyx Rising sind angenehm abwechslungsreich gestaltet, so dass nicht schnell ein Gefühl von Monotonie aufkommt. Von Bogenherausforderungen über Zeitrennen hin zu in der Spielwelt verstreuten Schatztruhen erwarten uns hier viele verschiedene Aufgaben. Die zahlreichen Aktivitäten sind dabei auch sinnvoll ins Gameplay integriert, da sie uns mit Ressourcen belohnen, die wir für die Entwicklung von Fenyx brauchen. Somit fühlen sich unsere Aktivitäten in der offenen Spielwelt sinnvoll an, da wir nicht das Gefühl haben, aufgrund irgendeines Komplettierungswahns stoisch alle Markierungen auf der Karte abzugrasen.
Hinzu kommt, dass die Vertikale in der Spielwelt eine entscheidende Rolle spielt. Dementsprechend gehört es zu unseren Standardaktivitäten, dass wir ständig irgendwo hochklettern müssen. Dabei müssen wir auch immer unsere Ausdauerleiste im Blick behalten, da wir sonst teils sehr tief fallen.
Belohnt werden wir für diese Mühen allerdings mit wunderschönen Aussichten. Im Anschluss breiten wir dann unsere Schwingen aus und gleiten majestätisch hinab, was einfach cool ist. So kommen wir in einen angenehmen Spielfluss, in dem wir uns organisch durch die Spielwelt bewegen. Es gefällt uns auch sehr gut, dass wir in Immortals Fenyx Rising nicht mit Beute überschüttet werden.
Wir sind grundsätzlich auf Schwert, Axt und Bogen sowie einige Ausrüstungsstücke beschränkt und finden nur andere Versionen davon. Dafür freuen wir uns dann aber mehr über neue Gegenstände.
Es gibt nur wenige Aspekte, die den Spaß der Erkundung der Open World schmälern. Dass wir in der Spielwelt nicht auf Nebencharaktere treffen, ist storytechnisch nachvollziehbar, könnte aber dennoch den ein oder anderen stören. Weiterhin konnten die Macher von Ubisoft nicht darauf verzichten, tägliche Quests und einen Ingame-Shop einzubauen.
Erstere passen schlichtweg nicht zu einer intensiven Singleplayer-Erfahrung wie sie Immortals Fenyx Rising bietet und letzterer fühlt sich ebenfalls fehl am Platz an. Zuletzt ist es angesichts der teils großen Distanzen und der relativ langen Ladezeiten nervig, dass wir für das Leveln von Fenyx immer zur Halle der Götter zurückkehren müssen.
Das reißt uns unnötig aus dem Spielfluss und hätte besser gelöst werden können, obwohl die kleinen Einspieler wie Fenyx Tränke braut oder Eisen stemmt zunächst ganz unterhaltsam sind. Spätestens nach dem zweiten Mal haben wir uns daran aber sattgesehen und wollen nur schnellstmöglich wieder raus in die Spielwelt.
Immortals Fenyx Rising – Die Kämpfe sind fordernd…
Kommt es zu einem der zahlreichen Kämpfe, so stürzen wir uns mit Schwert, Axt, Bogen und einigen Spezialfähigkeiten in die Schlacht. Da wir nicht blocken können, spielen sich die Kämpfe sehr dynamisch. Wir weichen aus, landen ein paar Treffer und weichen wieder aus oder parieren Angriffe, um Gegner für kurze Zeit besonders verwundbar zu machen. Auch die Vertikale spielt bei den Kämpfen eine wichtige Rolle, da Gegner in der Luft leichte Ziele für uns sind.
Da wir zumeist gleich mehreren Gegnertypen gegenüberstehen, sind die Kämpfe bereits auf dem normalen Schwierigkeitsgrad teils sehr herausfordernd. Zudem müssen wir für schwere Angriffe und Spezialfähigkeiten permanent auf unsere Ausdauer achten, denn geht diese mitten im Kampfgetümmel zur Neige, haben wir ganz schlechte Karten. Immortals Fenyx Rising belohnt daher (besonders auf den höheren Schwierigkeitsgraden) kein simples Button-Bashing, sondern erfordert ein cleveres Vorgehen.
Wir werden zudem in Immortals Fenyx Rising nicht wie in einem Assassin’s Creed Odyssey mit Spezialfähigkeiten überschüttet. Der Talentbaum bleibt überschaubar, wodurch sich die einzelnen Fähigkeiten aber auch wertvoller anfühlen. Dadurch macht es richtig Spaß, einen riesigen Minotauren mit einem Schlag von Hephaistos Hammer aus der Balance zu bringen, um danach einige deftige Treffer mit der Axt zu landen.
Immortals Fenyx Rising – …und die Rätsel eine Herausforderung
Das dritte zentrale Spielelement von Immortals Fenyx Rising sind die zahlreichen Rätsel. Die Bandbreite an Denksportaufgaben ist dabei wunderbar variantenreich. Mal müssen wir die Teile eines Bildes wieder korrekt arrangieren, mal mittels unserer Spezialfähigkeiten entfernte Schalter betätigen. Mit den Gewölben des Tartaros finden sich in der Spielwelt auch zahlreiche komplette Rätseldungeons.
Lösen wir diese, erwarten uns als Belohnung für den Ausbau unserer Ausdauer notwendige Blitze des Zeus. Alle Rätsel zeichnet dabei aus, dass sie häufig eine größere Herausforderung darstellen, als es auf den ersten Blick scheint. Insbesondere diejenigen Rätseldungeons, die wir im Laufe der Hauptgeschichte erkunden, haben es teils ganz schön in sich. Hier ist der clevere Einsatz unserer Fähigkeiten sowie der Umgebung gefragt, um zum Ende zu gelangen.
Immortals Fenyx Rising – Am schönsten auf Next Gen Konsolen
Grafisch macht Immortals Fenyx Rising sowohl auf der PS4 als auch auf der PS5 einen sehr guten Eindruck, Auf der Next-Gen-Konsole gibt es allerdings einige Vorzüge. Im Performance-Mode beispielsweise läuft das Spiel auf einer PS5 mit butterweichen 60 FPS. Im Quality-Mode hingegen gibt es strahlendes 4K30 FPS. Zudem nutzt das Spiel den Controller der neuesten Sony-Konsole. Wenn ihr also Objekte markiert, dann lässt euch das der Drücker wissen. Das haptische Feedback ist subtil genutzt, aber deutlich bemerkbar. Es verschönert das Gesamterlebnis allerdings nur marginal. Überdies profitiert Immortals Fenyx Rising von der PS5’schen SSD. Die Ladezeiten, insbesondere bei der Schnellreise, sind mitunter halbiert.