Returnal ist das neueste Meisterwerk von Housemarque, den Machern von Resogun und Nex Machina. Wir haben uns in den Rogue-like Bullet Hell Shooter gewagt und berichten aus dem ewigen Zyklus der Alien-Hölle. Ist der Titel wirklich so bockschwer? Kann die Action durchgehend Stand halten und motivieren? Und wie gestaltet sich die Story? All das und noch viel mehr im ausführlichen Test!
Im Gegensatz zu früheren Spielen von Housemarque setzt Returnal auf eine voll ausgewaschene Story. Dazu haben sich die Entwickler auch Greg Louden, den ehemaligen Senior Narrative Designer von Remedy an Bord geholt, der unter anderem für die Story von Quantum Break zuständig war. Returnal versetzt euch in die Rolle von Selene Vassos, einer amerikanischen Astronautin, die ein mysteriöses Signal auf dem Planeten Atropos (Fischer 265-I) analysieren will. Auf ihrer Reise dorthin wird ihr Raumschiff allerdings schwer beschädigt und crasht auf dem Planeten.
Der Planet ist alles andere als Menschen-freundlich. Die indigene Spezies wurde allem Anschein nach durch göttliche Vergeltung nahezu ausgelöscht und nur noch wenige sind übrig. Doch viel schlimmer als der fleischgewordene Terror ist die psychische Belastung, die Selene widerfährt. Der Tod ist der Anfang. Ähnlich wie in Hades verwebt auch Returnal den Tod und den endlosen Zyklus in die Story. Die Rückkehr an den Anfang, dem Crash von Helios (ihr Raumschiff) sowie den immer wiederkehrenden Leichen ihrer selbst mitsamt Audiologs machen Selene zunehmend psychisch labil.
Wie lange hält sie das durch? Was hat es mit dem Haus inmitten des Waldes auf sich? Was genau ist der indigenen Spezies widerfahren? All diese Fragen gilt es im Rahmen der genialen Story zu beantworten. Und vor allem: Wie viele Tod-Leben-Zyklen hat Selene bereits durchgemacht? Um die Beantwortung etwas kryptischer zu gestalten, wird diese nicht nur durch vorgefertigte Zwischensequenzen, sondern vor allem durch Audiologs und Inschriften erzählt. Gerade die Wandmalereien der Außerirdischen sind hier eine nette Sammler-Sache, denn zunächst gilt es deren Sprache zu entziffern.
Returnal – Frust und Lust geben sich die Klinke
Bevor wir uns an das Gameplay von Returnal machen, gilt es den wichtigsten Punkt zu besprechen. Wenn ihr keine Lust auf ein bockschweres Spiel habt, das nur so von Zufallselementen strotzt und bei dem ihr für einen kleinen Fehler von Beginn an zocken wollt, solltet ihr die Finger vom Spiel lassen. Es wird nämlich passieren, dass ihr zwei Stunden ohne zu sterben auskommt, dann aber ein Bossfight ansteht, der euch total überrumpelt. Sterbt ihr dort, ist der Fortschritt bis auf permanente Upgrades futsch. Kenner von Rogue-likes wird dies nicht stören, doch gerade Genre-Neulinge sollten sich bewusst machen, was das bedeutet.
Jetzt, wo das geklärt ist, wollen wir so langsam anfangen, das Spiel zu beschreiben. Insgesamt warten sechs verschiedene Biome auf euch, die es der Reihe nach zu absolvieren gilt. Sterbt ihr, geht es zurück zur Helios. Besiegt ihr allerdings einen der Bosse eines Bioms, schaltet ihr auch gleichzeitig eine Abkürzung frei, die euch schnurstracks ins nächste Biom befördert – immerhin etwas! Den Boss müsst ihr nur einmalig besiegen. Die Biome selbst sind in viele Abzweigungen und Areale unterteilt, die zufällig generiert werden. Kein Durchlauf wird dem anderen gleichen. Lediglich wenige ausgewählte Locations sind aufgrund ihrer Gegebenheit (etwa die Schmiede) gleich.
Die Schwierigkeit von Returnal ist auch das, was den Reiz des Spiels ausmacht. Die Menge an Gegnern ab dem zweiten Biom kann überwältigend sein. Die Menge an Effekten und vor allem gefährlichen Projektilen sinnesflutend. Und für die wichtigsten Entscheidungen im Kampfgeschehen bleiben nur wenige Bruchteile einer Sekunde. Genauso hart gestaltet sich auch das Balancing des Spiels. Ihr könnt Zyklen haben, wo ihr die besten Attribute und wenigsten Mali aller Zeiten erhaltet. Oder eben auch Runs, die einfach nicht sein sollten. Und dem wollen wir uns nun widmen.
Returnal – Selene Die On
Die Risk vs Reward-Spanne von Returnal ist gewaltig. Es gibt allerhand verschiedener Items, die nicht nur Boni, sondern auch Mali mit sich bringen. Parasiten sind ein Element dessen. In der Regel bieten sie wirklich mächtige Buffs. Doch manchmal sieht die Sache auch anders aus. Einer der gefundenen Parasiten hatte die Modifikation: 30% kritischer Schaden gegenüber Feinden mit niedrigem Leben. Der Malus hatte es aber in sich: 75% weniger Schaden, wenn Selene steht. Stillstehen ist jetzt ohnehin nicht die cleverste Idee, allerdings kommt es hin und wieder vor, dass es passiert. Die Abwägung, was mehr bringt, ist hierbei also schwierig.
Dann wiederum gibt es verfluchte/verdorbene Truhen. Hier seht ihr bereits im Vorfeld, dass ihr eine niedrige/moderate/hohe Wahrscheinlichkeit für einen Fluch habt. Blöd ist nur, dass ihr nicht wisst, was am Ende rauskommt. Vielleicht ist die Waffe in der Truhe ja totaler Müll. Den Fluch bekommt ihr dennoch. Manche Flüche lassen sich nur durch Artefakte (besonders selten) oder Aktionen im Spiel (3 Gegner mit Schwert töten) beseitigen. Zwar könnt ihr die Flüche im Vorfeld gegen Ether beseitigen, doch das ist aufgrund der Seltenheit des Items nicht empfehlenswert.
Unser gemeinstes Highlight: Ihr dürft keine Waffen mehr aufnehmen. Ziemlich blöd, wenn vor euch gerade eine super coole Waffe mit den besten Waffen-Modifikationen vor euch liegt. Wir haben etliche Zyklen aufgegeben, weil das Glück nicht auf unserer Seite war. Doch diejenigen Zyklen, wo wir moderates oder richtiges Glück hatten, liefen umso befriedigender ab. Und damit kommen wir auch schon zum Gameplay von Returnal.
Returnal – Ein Flow aus Gunplay und Dashing
Die größte Stärke und das motivierende Element des Spiels bildet der unglaublich befriedigende Flow des Spiels. Dazu braucht es nicht einmal sehr lang, denn schon nach wenigen erfolgreichen Abschüssen der Aliens erlangt ihr erhöhtes Adrenalin (=schärfere Sichtung von Feinden), erhöht die Waffeneffektivität, wodurch zusätzliche Projekte bei jedem Schuss entstehen, und werdet für einen Augenblick unverwundbar beim Dash. Dass ihr die Kontrolle über Selene die ganze Zeit punktgenau behaltet, ist eine Eigenschaft, die nur Housemarque so perfekt beherrschen.
Die Kombination aus alle dem entfacht ein Blitzgewitter auf eurem heimischen TV, bei dem ihr trotz alledem den Überblick jederzeit bewahrt. Feinde telegrafieren ihre Angriffe stets fair und sind dennoch anspruchsvoll zu meistern. Das Gefühl sich jederzeit ein kleines Stück zu verbessern – sei es durch Proficiency oder Adrenaline – ist ungemein befriedigend, woraus ein richtiger Sog entsteht. Eure Waffen haben unendlich Munition, wenngleich das Nachladen an die Gears of War’sche Schnellnachlade-Funktion erinnert.
Returnal führt zudem sehr sanft neue Mechaniken ein. Ihr erlangt kurz nach Spielbeginn ein Schwert und lernt so den Nahkampf zu nutzen. Wenig später kommt der Enterhaken, um größere Abgründe zu überwinden. Und so weiter und so fort. Die Lernkurve des Spiels endet erst mit Ende des Spiels.
Das Level-Design ist dabei über jeden Zweifel erhaben. Die zufällig generierten Areale sind superb und fügen sich bestens zusammen. Selten haben wir derartig clevere Konstellationen gesehen, die trotz ihrer zufälligen Eigenheit doch so wirken als seien sie händisch und mit aller Liebe zum Detail zusammengebaut. Hut ab, Housemarque!
Ein weiteres Schmankerl: Der DualSense Controller. Das haptische Feedback lässt es euch sofort spüren, wenn ihr einen Treffer kassiert. Die Regentropfen simuliert das Ding auch noch. Am coolsten ist aber die spielerische Komponente. Wer L2 leicht drückt, nutzt das Standard-Feuer seiner Knarre. Drückt ihr bis zum Ende – über den Triggerpunkt hinaus – aktiviert ihr das Alternativ-Feuer. Genial!
Returnal – Audiovisuelles Spektakel
Technisch wischt Returnal mit allen anderen PS5-Spielen den Boden auf. Partikeleffekte sind ohnehin die große Stärke von Housemarque und das zeigt sich auch hier. Dass dieser Titel trotz der gestochen scharfen Texturen und Ray Tracing mit butterweichen 60 FPS läuft, ist atemberaubend. Gut, die Checkerboard 4K Auflösung wird teuer erkauft. Texturen werden intern zwischen 1080p und maximal 1440p gerendert, woraufhin Temporal AA wahlweise eben auf 1440p hochskaliert, woraufhin Checkerboarding auf 4K geht.
Bei genauerem Hinsehen im ersten Biom, einer Art Wald, wird dies besonders an den Grashalmen deutlich. Doch, wie gesagt, dazu gilt es wirklich genau hinzusehen, um diese grafischen Schwächen zu erkennen. Alles in allem sieht Returnal nämlich richtig Next Gen aus und ist undenkbar auf einer PS4 (Pro). Das fängt schon bei den quasi nicht-existenten Ladezeiten an, geht über die butterweichen 60 FPS bis hin zur Qualität der Texturen sowie Größe der Biome.