Knapp ein Jahrzehnt nach Rage erwartet uns mit Rage 2 ein erneuter Ausflug ins postapokalyptische Ödland. Das Spiel wurde von den Just Cause-Machern Avalanche Studios in Kooperation mit den Shooter-Experten von id Software (DOOM) entwickelt. Das Versprechen: explosive Action in einer lebendigen offenen Welt. Wir haben uns für euch mit allen möglichen Spinnern, Freaks und Mutanten herumgeschlagen und Rage 2 dabei ausführlich (nach unserer Vorschau im Januar 2019) unter die Lupe genommen. Was wir vom Spiel halten, lest ihr in unserem Test.
Rage 2 – Wo das Chaos regiert
Knapp 80 Jahre nachdem die Welt durch einen Asteroideneinschlag verwüstet wurde, übernehmen wir die Kontrolle über Walker, den letzten (Texas)Ranger. Wir können Walker entweder als Mann oder als Frau spielen. Die Ranger versuchen, in der zerstörten Welt für Ordnung zu sorgen, während die militaristische Obrigkeit die Welt mittels Gewalt beherrschen will. Eines schönen Tages wird das Lager der Ranger dann auch von eben dieser Obrigkeit in den Boden gestampft, wobei einige wichtige Figuren sterben. Das wird aber durchweg in Slapstick-Manier kommentiert. Wir sehen also, dass Rage 2 sich selbst nicht zu ernstnimmt. Der Angriff ist derweil so verheerend, dass neben uns nur Wenige überleben und wir so zum letzten Ranger werden.
Unsere Mission: Die Obrigkeit endgültig besiegen, indem wir das ominöse Project Dagger in die Tat umsetzen. Dazu müssen wir zentrale Figuren aus dem Widerstand gegen die Obrigkeit finden, da ihre Fähigkeiten für den Erfolg von Project Dagger unerlässlich sind. Dazu bereisen wir die Spielwelt, in der es neben der Obrigkeit von Mutanten und Freaks nur so wimmelt. So weit so gut. In Kürze: Rage 2 erzählt eine schrecklich abgedroschene Geschichte, die zu keiner Zeit mehr als kurze Lacher zu bieten hat. Bleibt also abzuwarten, ob das eigentliche Gameplay in der offenen Welt hält, was es verspricht.
Rage 2 – Feuer frei!
Damit kommen wir auch schon zur größten Stärke von Rage 2. Das sind ohne Zweifel die Feuergefechte. Im Laufe des Spiels schalten wir etwas mehr als eine Handvoll Waffen, von Feuerpistolen bis zu Raketenwerfern, frei. Und jede dieser Waffen spielt sich wirklich hervorragend! Dafür sorgt ein herrliches Trefferfeedback, das uns die Wucht eines Schusses beinahe spüren lässt. Rage 2 setzt dabei auf Geschwindigkeit. Wer hier überleben will, muss ständig in Bewegung bleiben. Dazu stehen uns neben Knarren noch diverse Nanotrit-Fähigkeiten zur Verfügung. Das sind Fähigkeiten, deren Ursprung im Element Feltrit liegt, das der Asteroid auf die Erde gebracht hat. Da es offensichtlich Superkräfte verleiht, ist es natürlich ein sehr umkämpfter Rohstoff.
Wir jedenfalls gehören zu diesen durch Nanotrite verstärkten Superkämpfern. So können wir Gegner auch wegschleudern, eine kurze superschnelle Ausweichbewegung vollführen oder Gegner mit einem gewaltigen Faustschlag aus der Luft zermalmen. Die Kombination des an sich schon exzellenten Gunplays mit diesen übermenschlichen Fähigkeiten sorgt dafür, dass die Gefechte in Rage 2 sich wie in einem Rausch spielen. Auf die Spitze getrieben wird diese intensive Erfahrung dann noch durch den durch Kills aufladbaren Overdrive-Modus: Während wir heilen, färbt sich der Bildschirm rötlich und wir ballern aus allen Rohren. Manche Waffen verändern dabei sogar ihre Funktionsweise. Keine Frage, die Kämpfe in Rage 2 liefern! Auf unserer Reise durchs Ödland stießen wir jedoch auch auf so einige Mängel, die den Spielspaß empfindlich dämpfen.
Rage 2 – Der Fluch der Open-World
Geradezu ironisch ist, dass gerade die Open-World dasjenige Element von Rage 2 ist, zu dem wir sagen: Da hätten wir gern drauf verzichtet. Wir sagen das, weil die Spielwelt von Rage 2 unter ihrer dünnen Hochglanzfassade leider so leblos ist, dass das Gameplay effektiv ziemlich linear ist. Zwar ist die Karte vollgepackt mit Aufgaben, die allermeisten stellen sich aber schnell als simple Quests der Marke „Fahre dahin, mach alles platt, fahre dorthin und…“ heraus. So klappern wir bis auf wenige Ausnahmen eigentlich nur alle Kartenmarkierungen ab. Egal, ob wir Kraftwerke verteidigen, eine Straßensperre räumen oder ein Banditennest ausräuchern, alles läuft darauf hinaus, alles und jeden über den Haufen zu ballern. Hinzu kommt, dass wir ständig aus unserem Blutrausch gerissen werden. Zwischen den explosiven Gefechten sind wir nämlich ständig gezwungen, die Spielwelt zu durchfahren. Zwar steht uns dazu ein ordentlicher Fuhrpark zur Verfügung, es gibt aber leider nichts Besonderes zu sehen.
Denn einerseits bietet Rage 2 rein optisch nicht allzu viel, andererseits kann aber auch das Design der Spielwelt nicht wirklich überzeugen. Es gibt zwar 3 große Gebiete in der Open-World, die sich optisch deutlich unterscheiden, dennoch wirkt die Spielwelt insgesamt sehr generisch. Es gibt weder markante Landschaftsformationen noch sind die Siedlungen irgendwie interessante Orte. Wenn wir in dieser lieblosen Welt dann auch noch ständig dieselben stupiden Missionen erfüllen müssen, finden wir uns schnell in einer demotivierenden Routine wieder: alle Gegner killen, zur nächsten Markierung fahren, alle Gegner killen usw. Besonders nervig ist hierbei, dass wir durch das Levelsystem in Rage 2 gezwungen werden, alle Orte minutenlang nach Ressourcen abzugrasen.
Diese benötigen wir nämlich, um unsere Waffen, unsere Nanotrit-Fähigkeiten und überhaupt irgendwas verbessern zu können. Rage 2 überfrachtet uns hier mit einer sinnlosen Anzahl verschiedener Ressourcen, die jeweils nur bestimmte Upgrades freischalten können. Die im Vorfeld so hochgelobten Archen offenbaren sich derweil bloß als weiterer Ort, um Gegner auszuschalten. Das Leckerli dabei: Sind alle Gegner erledigt, dürfen wir uns kurz über neue Fähigkeiten oder Waffen freuen. Spielerisch unterscheiden sich die Archen aber in keiner Weise vom restlichen Einheitsbrei, den wir vorgesetzt bekommen. Das Spieldesign drängt uns die Archen allerdings auf, da wir bestimmte Upgrades nur hier bekommen.
Rage 2 – Mehr Schatten als Licht
Die Welt von Rage 2 bietet also unterm Strich nicht wirklich viele interessante Aktivitäten. Eine Ausnahme bilden hier die Konvois, von denen mehrere die Spielwelt durchstreifen. Konvois erledigen wir dabei in unterhaltsamen Verfolgungsjagden samt saftiger Belohnung. Den unbestrittenen ersten Platz hirnzellenabtötender Nebenaufgaben belegen hingegen die Obrigkeitswachtürme. Das sind (Achtung Spoiler!) von der Obrigkeit ziemlich wahllos in der Gegend platzierte Wachtürme. Als letzter Ranger, der sicher nichts Besseres zu tun hat, dürfen wir dann minutenlang auf die Türme ballern, bis wir sie endlich kleinkriegen. Als Belohnung bekommen wir dann…Ressourcen.
Wer mit Türmchen spielen will, ist da mit Tower Defense definitiv besser beraten. Insgesamt ist die Spielwelt bis auf wenige Ausnahmen eine große Enttäuschung, die uns viel zu regelmäßig von den hervorragenden Gefechten ablenkt. Deshalb sagen wir: Ohne DIESE Open-World wäre Rage 2 ein viel besseres Spiel! Geradezu wehmütig stellen wir uns vor, was für ein Spiel Rage 2 geworden wäre, wenn die Macher nicht unbedingt auf den Open-World-Zug hätten aufspringen müssen. Rage 2 als vielleicht relativ kurze, aber dafür sehr intensive Reise durch das postapokalyptische Ödland? Der Versuch, Open-World und packenden Shooter zu vereinen, ist den Entwicklern jedenfalls gründlich misslungen. Die Open-World wirkt viel mehr wie ein Ballast, der unsere Spielerfahrung künstlich streckt und dadurch stark verwässert.