Outriders beweist im Test, dass Loot-Shooter doch noch gut sein können und schon zu Beginn ihrer Lebenszeit einiges zu bieten haben! Vor allem interessant ist, dass das Spiel in der Tiefe ungemein komplex ist, dass selbst waschechte Action-RPGs wie Diablo oder Path of Exile nur neidisch gucken können. Wie das alles zusammenpasst und warum ihr Outriders definitiv eine Chance geben solltet, erfahrt ihr in unserem XXL-Test!
Der Vergleich mit Path of Exile und Diablo kommt nicht von ungefähr, denn Outriders vereint eine ganze Menge Elemente dieser beiden Spiele. Ganz nebenbei ist das Spiel von People Can Fly (Bulletstorm) ein waschechter Loot-Shooter im Stile von The Division oder Destiny. Um Spieler allerdings nicht sofort wieder wie Marvel’s Avengers mit Live-Service-Quatsch zu vergraulen, konzentriert man sich hier vielmehr auf Koop-Action und einen ausgewachsenen Singleplayer-Modus. Die Story wird euch dabei rund 35-40 Spielstunden beschäftigen – je nachdem wie viele Nebeneinsätze ihr absolviert.
Outriders – Hubs statt Open World
Im Rahmen der Story treibt man uns auf den Planeten Enoch, denn die Erde wurde von der Menschheit in den Ruin getrieben. Doch Enoch ist keine wirklich gute Alternative. Naturgewalten wie Stürme, kosmische Anomalien und übernatürliche Kräfte machen das Überleben auf diesem fremden Planeten nicht ganz so leicht. Was zunächst cool klingt, arbeitet nach und nach alle möglichen Klischees eines Weltraum-Shooters ab. Eine mörderische Kriegsherrin war zu Beginn noch das naive, süße Mädel mit dem Herzen am rechten Fleck.
Die Handlung wird von schwachen Einzeilern geprägt, die mit Beleidigungen nur um sich werfen. Irgendwann fragten wir uns, ob das noch cool ist oder wir mit Ü30 schon zu alt für diesen Quatsch sind. Und wenn ihr das Spiel dann noch auf Deutsch spielt, erlebt ihr eine Fremdschäm-Szene nach der anderen. Tut es euch nicht an, ehrlich. Die deutschen Sprecher sind eine Katastrophe. Die englischen Sprecher sind zwar nur bedingt besser, aber wenigstens entsteht hier noch ein vernünftiger Gesprächsfluss.
Die Story-technische Wendung des Spiels ist mindestens genauso vorhersehbar, wie die Tatsache, dass Bruce Wayne eben Batman ist. Am Ende bleibt der Eindruck, dass das Ganze immerhin ganz ordentlich mundet und die Storyline mit all ihren Action-Szenen sowas wie das Michael Bay’sche Äquivalent als Loot-Shooter funktioniert. Und hey, die Locations im Spiel sind nicht nur sehr abwechslungsreich, sondern sehen auch mitunter richtig schick aus.
Im Spiel selbst erlebt ihr keine persistente Online-Welt wie in etwa The Division, sondern eine Hub-Welt. Sprich ihr springt zu großen Sammelpunkten und teleportiert euch von dort aus zu den Einsätzen. Das bringt natürlich den Vorteil, dass die Spielwelt nicht so leer wirkt wie in The Division 1 oder zeitweise auch Teil 2. Auf der anderen Seite wirkt alles ein wenig voneinander abgeschnitten, wenngleich es uns wenig gestört hat. Alle Missionen sind im (Online) Koop spielbar!
Outriders – Destiny meets Diablo
Spielerisch ist Outriders ein richtiges Brett und das ganze Spiel auf den kleinsten gemeinsamen Nenner herunterzubrechen, wäre schon eine Abschluss-Arbeit eines Bachelor-Studierenden. Daher wollen wir es hier so einfach wie möglich, so komplex wie notwendig halten. Wenn ihr auf dem Schlachtfeld seid, verwandelt sich Outriders in ein waschechtes Action-Feuerwerk.
So könnt ihr bis zu drei Skills gleichzeitig ausrüsten, was bereits erste Erinnerungen an Diablo weckt. Darüber hinaus haben alle Fähigkeiten einen derart kurzen Cooldown, sodass ihr diese wie im Stakkato abfeuert und auf dem heimischen TV (oder PC-Bildschirm) ein regelrechtes Feuerwerk an Effekten entsteht. Die Zeit verlangsamen, sich blitzschnell von A nach B bewegen, mit einem Schwert die Feinde in Scheibchen schnetzeln oder aus der Ferne mit mächtigen Wummen ausschalten – Outriders bietet Optionen für jeden Geschmack.
Das Spiel lässt euch aus vier verschiedenen Klassen wählen. Neben dem Assassinen stehen euch noch ein Feuermagier, der Krieger und ein Fernkampf-Heiler zur Verfügung, die sich alle sehr unterschiedlich spielen. Schön ist auch, dass alle vier Klassen völlig verschiedene Spielansätze erfordern, wodurch der Wiederspielwert immens ansteigt. Das Wichtigste ist allerdings: Jede der vier Klassen fühlt sich richtig übermächtig an! Mit einem Levelaufstieg schaltet ihr ganz klassisch neue Skills frei, könnt mächtigere Ausrüstung bekommen und so weiter und so fort.
Wenn ihr Spiele wie The Division oder Destiny gewohnt seid, kennt ihr das Prinzip: Ducken und auf den richtigen Moment zum Feuern warten. Outriders ist genau das Gegenteil. Wie in Doom Eternal ist Angriff die Beste Verteidigung. Wer vorprescht und „guns blazing“ reinläuft, gewinnt. Wer steht, stirbt. Das Arsenal an Waffen ist allerdings eher Standard-Ware. Maschinengewehre, Schotties und Pistolen sind hier mit von der Partie. Wir hätten uns ausgefallene Wummen gewünscht.
Outriders – Von World Tiers und Loot
Wenn ihr The Division 2 oder Diablo 3 bereits gespielt habt, kennt ihr das grundsätzliche Konzept des sogenannten World Tier. Insgesamt 15 davon nutzt auch Outriders, wodurch ihr den Schwierigkeitsgrad ganz individuell an eure Ausrüstung und spielerisches Können einstellen könnt. Je länger ihr dabei auf einem bestimmten Tier verweilt und vor allem überlebt, desto mehr füllt sich eine Leiste. Ist diese voll, steigt ihr auf. Wer in der Zwischenzeit allerdings stirbt, verliert einen Teil des Fortschritts wieder. Es ist allerdings nicht möglich, World Tiers zu verlieren – sie dienen als untere Grenze.
Sobald ihr aufsteigt, bekommt ihr frischen Loot ausgehändigt, manchmal auch legendäre Waffen. Daneben werfen die Feinde nicht nur höhere Loot-Stufen ab, sondern hinterlassen immer häufiger seltenen Loot, der mitunter deutlich stärker sein kann als alles, was ihr zuvor erhalten habt. Auf der anderen Seite sind natürlich auch die Feinde nun mächtiger. Nettes Gimmick: Wenn ihr ausschließlich die Story spielen wollt, stellt ihr schlicht die niedrigste Stufe ein und ballert euch durch, denn Loot spielt auf dieser Ebene keinerlei Rolle.
Im Bezug auf Loot wollen wir die beste Nachricht gleich zu Beginn überbringen: Outriders flutet euch nicht mit Loot wie etwa Diablo oder The Division/Destiny. Auch das alle 20-minütige Inventar-Management eben jener Vorbilder entfällt damit glücklicherweise. Sehr nett ist auch, dass grüne Items beispielsweise nicht sofort verworfen werden müssen. Mit den richtigen Materialien könnt ihr es zu einem blauen oder selteneren Gegenstand machen. Packt ihr dann noch Mods drauf, kann es plötzlich für ein paar Stunden die geilste Wumme sein, die ihr je benutzt habt.
Der größte Kritikpunkt am ganzen Loot ist jedoch, dass die Waffen eben generisch aussehen und deren Designs mitunter furchtbar sind. Hier wäre ein waschecht futuristischer Look angebracht gewesen als dieser Mittelweg aus Gegenwart und „Aliens-sind-auch-nicht-so-viel-weiter“.
Outriders – Koop mit Balanche-Schwierigkeiten
Während der Singleplayer-Modus balance-technisch sehr gut ist, gibt es im Koop gleich mehrere Probleme. Wie auch schon andere Koop-Titel skaliert Outriders mit der Anzahl an Spielern und richtet sich dabei am Host. Und genau bei letzterem fängt das Dilemma an. Wählt der Host nämlich ein höheres World Tier als das, was die anderen Spieler überhaupt bewältigen können, droht die Stimmung schnell zu kippen.
Je mehr Spieler nämlich in der Partie sind, desto mehr Feinde befinden sich auf dem Schlachtfeld. Und wenn die anderen Zocker eher niedrigere World Tiers besuchen, werden sie bei höheren nur Last statt Hilfe sein. Überdies nimmt die Stufe des Hosts eine wichtige Rolle ein. Ist dieser beispielsweise Level 20, der Rest aber 5 oder 10, so kriegen diese zwar besseren Loot, aber die Gegner sind einfach zu mächtig für die beiden niedrigstufigen Zocker. Andersherum lohnt es sich aber auch für den Level 20-Spieler nicht.
Zudem haben wir einige ungewöhnliche Nebeneffekte bemerkt, die wir als Bug einstufen. So tauchten mitunter nämlich Kopfgeldeinsätze auf, die überhaupt nicht für unseren Level gedacht waren und das Spiel unnötig schwierig gestalteten. Auf der anderen Seite gab es massive Schwankungen bei den Gegner-Leveln. Unsere Party bestand zu dem Zeitpunkt aus Level 20-28 Spielern. Zu irgendeinem Zeitpunkt tauchte allerdings eine Welle Gegner auf, die alle auf Level 31 waren. Sehr zum Unwohl der Level 20er.
Es bleibt zu hoffen, dass die Entwickler diese Probleme aus der Welt schaffen, denn grundsätzlich macht der Koop am meisten Spaß und kann langfristig Gruppen von Spielern, die ohnehin zusammen zocken wollen, halten.
Outriders – Und das Endgame?
Sobald ihr die Storyline von Outriders abgeschlossen habt, geht es nahtlos in sogenannten Expeditions weiter. Zwar knüpfen die Missionen hierbei an die Geschichte des Spiels nahtlos an, recyclen allerdings alte Bosse ohne dabei tiefer auf deren Storyline einzugehen. Ein gelungener Drahtseilakt, der all jene, die sich ausschließlich für die Story interessieren, nicht im Dunkeln lässt und jene, die Bock auf echte Herausforderungen haben, unterhält. Cool ist jedoch, dass euch dieser Teil des Spiels auch zu völlig neuen Locations entführt, die es im Rahmen der Story nicht zu sehen gab.
Am Ende einer Expedition müsst ihr meistens einen härteren Endboss besiegen. Nach erfolgreichem Abschluss winken nicht nur tolle Ausrüstungsgegenstände, sondern auch neue Expeditionen sowie Herausforderungen. Letztere sind bockschwer und skalieren anhand von 15 Rängen. Die World Tiers spielen aber auch hier eine wichtige Rolle, wenngleich die Tiers nicht ganz so krass durchschlagen wie im Rest des Spiels.
Die gewonnenen Ressourcen aus den Herausforderungen bzw. Expeditionen nutzt ihr, um weitere freizuschalten. Ziel ist es, auf der großen Expeditions-Map das Auge des Sturms zu erreichen, wo das aktuelle, echte Ende des Spiels erreicht wird. Je weiter ihr voranschreitet, desto schwerer wird das Spiel und desto mächtigere Ausrüstung wird benötigt. Es entwickelt sich eine motivierende Spirale aus Looten und Optimierung der eigenen Fähigkeiten. Selbst wenn ihr suboptimale Zusammenstellungen von Skills habt, sind alle Missionen machbar – ihr müsst ihr das Beste aus euren Entscheidungen machen. Empfehlenswert ist allerdings, dass ihr Expeditionen erst dann in Angriff nehmt, wenn ihr die Maximalstufe 30 erreicht habt. Das erspart euch viel Ärger.
Outriders – PS5 Technik-Check
Die PlayStation 5 Version des Spiels läuft in butterweichen 60 FPS und rendert nativ in 1800p maximal, wobei es wir einen Sinken der nativen Auflösung bis 1260p erlebt haben. Von diesen Werten aus wird das Bild auf 4K rekonstruiert, wobei hierbei unbedingt erwähnt werden sollte, dass das Gesamtbild auf einem 4KTV stets wunderbar aussieht. Erst wenn ihr wirklich nah am TV seid, bemerkt ihr die teilweise niedrigere native Auflösung.
Die Framerate hingegen bleibt bis auf ganz wenige Ausnahmen stabil bei 60 Bildern, wodurch die Action auf dem TV keinerlei Störungen erfährt. Optisch macht Outriders dabei einen soliden Eindruck und überzeugt mit schicken Effekten und guten Texturen. Nur die Farbpalette kann gelegentlich etwas sehr mager wirken. Akustisch gibt es – mit Ausnahme der schlechten deutschen Sprecher – ebenfalls nichts zu bemängeln.
Die Serverperformance des Spiels war gerade zu Beginn eher schwach, da die Server dem Ansturm nicht gewachsen waren. Inzwischen hat sich die Lage merklich gebessert und dem Spielspaß stehen Online auch keine Hürden mehr entgegen.