Mit NieR Replicant ver.1.22474487139… beweist Square Enix, dass die altgediente Story auch viele Jahre nach ihrem Einstand weiterhin vollkommen überzeugt. Aufgepeppt mit den neuesten Spielmechaniken aus NieR Automata soll endlich der große Durchbruch im Mainstream gelingen. Wir haben uns für euch in die Schlacht gewagt und verraten, wie gut sich die Wurzel aus 1,5 schlägt!
Um hier nicht immer die Wurzel aus 1,5 mit aufzuschreiben, nennen wir das Spiel schlicht NieR Replicant. Das Remaster, das eigentlich ein Remake sein will, aber eben doch keines ist, erhält nun seine zweite Chance, nachdem der erste Versuch sang- und klanglos unterging – zu Unrecht! Die Storyline des Spiels ist dabei ungemein komplex und fängt bereits sehr mysteriös an. Wir sehen eine Welt, die erst kürzlich zerstört wurde. Es schneit mitten im Sommer. Ein namensloser Junge findet ein mysteriöses Buch, das ihm Macht verspricht, wenn er es nur anfasst.
Wie auch schon NieR Automata brilliert die Story vor allem durch seine völlig unvorhersehbaren Plottwists. Waren wir vor vielen Jahren einfach noch nicht bereit für diese erzählerische Offenbarung oder war unser Geschmack früher einfach anders? Sicher ist: Jede der Twists bricht einen weiteren Damm, sei es bei Emotionen oder Verständnis. NieR Replicant ist ein Spiel, das mehrmals durchgespielt werden möchte, um es vollends zu verstehen.
Mehr als das wollen wir allerdings nicht zur Story verraten, denn diese ist unserer Auffassung nach so gut, dass jedes enthüllte Detail schon eines zu viel ist.
NieR Replicant – Bullet Hell in 3D
Entwickler ToyLogic hat sich für die Remaster/Remake-Änderungen offenbar ganz genau angeschaut, was PlatinumGames mit NieR Automata gemacht hat. Das Kampfsystem des Originals war nämlich sehr starr und bot nicht allzu viel Abwechslung. Letzteres ist nach wie vor ein Problem des von Wurzel 1,5, aber nicht mehr so prägnant. Der generelle Kampfablauf ist nun unglaublich geschmeidig und fühlt sich genauso befriedigend an wie in NieR Automata.
Dazu greift ihr auf insgesamt drei Waffenklassen (Einhänder, Zweihänder und Speere) zurück, wobei es einige Spielstunden braucht, um alle Gattungen freizuschalten. Neben den üblichen leichten und schweren Angriffen flitzt ihr mit Ausweichrollen, Aircombos und mehr über die Arenen, sodass viel Action geboten wird. Kenner von Automata kennen und lieben diese unkomplizierte und brachiale, trotzdem aber kunstvoll wirkenden Kampfeinlagen.
Während das Repertoire an Combos noch lange nicht an Spiele wie Devil May Cry heranreicht, so bietet NieR Replicant immer noch genug Abwechslung. Die meiste kommt durch Grimoire Weiss, das Büchlein, welches nach eins bis zwei Spielstunden eurer Gruppe beitritt. Mit coolen Magieangriffen, darunter eine zielsuchende Lanze, eine Art Maschinengewehr und mehr bearbeitet ihr die Schattenwesen. Highlight des Spiels sind die Bosskämpfe, die euch audiovisuell und vor allem motorisch einiges abverlangen. Wer Bullet Hell kennt, fühlt sich sofort wohl und weiß, was zu tun ist. Alle anderen dürfen erstmal herausfinden, wie man die vielen Geschosse handhabt.
NieR Replicant – Offensichtliche Schwächen im Gameplay
Während also das Kampfsystem vollends überzeugt, hapert es an anderer Stelle. Und der Übeltäter ist hierbei – wenig überraschend – das Original. Die offene Spielwelt etwa wirkt karg und leer. Mehr als ein paar Tiere oder eben Gegner sind hier nicht vorzufinden. Auch die Variation und Menge an Open World Abschnitten ist sehr gering, sodass ihr im Rahmen der Storyline mehrfach dieselben Gebiete besucht. Die Story alleine beschäftigt euch rund 35-40 Stunden, je nachdem wie flott ihr unterwegs seid.
Ein anderer Makel betrifft die Nebenquests, die nicht über generische Hol- und Bring-Aufgaben hinausgehen. Storytechnisch haben die Nebenquests keinerlei Relevanz, da die Gründe für eben diese Aufgaben mehr aus der eigenen Faulheit der Bewohner besteht als irgendeinem übergeordnetem, größeren Ziel. Die Frage ist: Lohnt es sich wenigstens diese stupiden Quests oder die damit verbundenen Minispiele zu absolvieren? Unsere Antwort lautet: In den meisten Fällen nein. Unser Tipp lautet: Schaut am besten online, welche Aufgaben die besten Belohnungen (darunter Waffen) bieten und erledigt diese. Den Rest könnt ihr getrost ignorieren.
NieR Replicant – Charmante Charaktere, optisch altbacken
Neben der ohnehin schon grandiosen Story tragen auch die Charaktere maßgeblich zum Genuss des Spiels bei. Egal ob es der Sidekick des Hauptcharakters ist, das andauernd amüsante Sprüche ablässt. Oder eben Kainé, die kein Blatt vor den Mund nimmt und euch beim wiederholten Blick auf ihren Allerwertesten die Leviten liest. Obendrein ist die Vertonung des Spiels erstklassig. Egal ob es die englischen oder japanischen Sprecher*innen sind, beide Formen haben ihre Vorzüge. Und spannend ist auch: So sehr ihr vermutet, die Beweggründe der Charaktere zu kennen, so sehr seid ihr am Ende überrascht, wie es wirklich ist. Herrlich!
Grundsätzlich ist der Soundtrack von NieR Replicant schlicht ein Klassiker. Alle Originale haben ein tolles Remaster erhalten und höheren sich durch die erhöhte Produktionsqualität nun noch besser an. Wichtig ist dabei zu erwähnen, dass es an der grundsätzlichen Struktur und den Melodien nichts geändert hat. Sprich: Es gibt keinerlei unnötige Orchester – falls es euch jemals gestört hat.
Optisch hingegen ist NieR Replicant eher ein Late Gen PS3, Early Gen PS4-Spiel. Und das ist noch nett ausgedrückt. Matschige Texturen, wenig detaillierte Charaktere und viele Effekte machen einen ebenfalls alten Eindruck. Das ist allerdings wenig überraschend, weil wir es hier am Ende mit einem Remaster und eben nicht mit einem Remake zu tun haben. Eine schicke FF7 Remake-Kur hätte NieR Replicant gar nicht so schlecht gestanden. Dennoch: Lasst euch nicht von der altbackenen Grafik abschrecken.