Im Test zeigt Project CARS 3, dass der Wechsel vom Sim-Racer zum Arcade-Titel nicht sonderlich gut funktioniert hat. Doch was bedeutet das spielerisch für alteingesessene Fans? Müssen sich diese nun einen neuen Racer suchen oder kommen sie trotzdem auf ihre Kosten? Und was ist sonst noch neu? Das und ein wenig mehr erfahrt ihr in den nachfolgenden Zeilen des Artikels.
Bevor ich euch die ganzen Veränderungen im Zuge des Wechsels von Simulation zu Arcade-Racer berichte, sollt ihr erst einmal die harten Fakten erhalten. Vom Start weg bietet Project CARS 3 stolze 211 verschiedene Karren. Darunter befinden sich auch Prototypen wie der Porsche 911 Hybrid. Weiterhin dürft ihr auf 121 unterschiedlichen Pistenlayouts fahren, wobei 51 Locations ihren Weg ins Spiel gefunden haben. An Modi haben die Entwickler ebenso nicht gespart. Neben den üblichen Scharmützeln wie Rennen und Time Attack gibt es auch einige Neuheiten, etwa den Breakout-Modus. Hier gilt es Hindernisse zu durchfahren, um Punkte innerhalb eines vorgegeben Zeitlimits zu erhalten. Zudem gibt es eine umfangreiche Karriere (dazu gleich mehr), einen Mehrspieler-Modus und mehr. Langeweile wird also definitiv nicht aufkommen.
Project CARS 3 – Ein krasser Bruch in der Serie
Im Zuge der Umstellung hat Project CARS 3 massiv an spielerischen Federn verloren. Boxenstopps? Ersatzlos gestrichen. Reifenverschleiß? Weg. Spritverbrauch? Braucht ein Arcade-Racer nicht. Selbst Features, die weniger Simulation schreien wie Ausdauerrennen oder gar Fahrer-Strategien sind ohne Ersatz dem Rotstift zum Opfer gefallen. Die maximale Rundenzahl pro Partie beträgt folglich 99 Runden. Das ist fast schon kriminell in Anbetracht der Wurzeln, doch dem Arcade-Charakter steht das gut. Problematisch ist nur, dass Project CARS 3 somit auch seine Alleinstellungsmerkmale verloren hat. Die Unterschiede zu einem Codemasters-Titel wie GRID sind nur noch im Detail und dem Markennamen zu sehen.
Startet ihr das Spiel zum ersten Mal, gilt es ein virtuelles Alter Ego zu erschaffen. Ganz wie im Vorgänger dürft ihr aus verschiedenen Helmen, Nationalitäten, Skills und Fahrhilfen wählen. Bei letzterem gilt: Je weniger ihr hinzufügt, desto besser fallen die Belohnungen und XP-Gains aus. Im Anschluss folgt ein erstes Proberennen, wo ihr am Steuer einer Corvette C8.R sitzt. Dabei erklärt euch das Spiel sorgsam die Steuerung und Kamera-Perspektiven, sodass ihr euch schnell an die Eigenheiten gewöhnt.
Danach habt ihr auch schon die Wahl aus den verschiedenen Spielmodi. Dabei bildet die Karriere das Herzstück des Spiels. Hier mausert ihr euch vom Amteuer-Fahrer bis hin zum weltweiten Star. Der dritte Ableger orientiert sich bei seiner Ausgestaltung vor allem an Need for Speed Underground, denn Modifikationen sind das A und O des Spiels. Neben ausufernden Möglichkeiten, was den Look der Karre angeht, müsst ihr auch die Leistung tunen. Letzteres ist insbesondere deswegen notwendig, weil die ganzen Events an erfüllte Leistungsanforderungen gebunden sind.
Zu Beginn steht bekommt ihr die Wahl aus drei Boliden, darunter ein Mitsubishi Lancer EVO VI T.M.E., ein Toyota GT 86 und ein Honda Civic Type R (2016 Edition). Alle Fahrzeuge kommen mit unterschiedlichen Eigenschaften daher, sodass ihr die Wahl an eure Vorlieben anpassen solltet.
Umfassende Karriere
Innerhalb der Karriere gibt es je Rennevent drei kleinere Aufgaben zu bewältigen. Dabei ist es nicht zwingend notwendig als erster über die Ziellinie zu fahren. Meistens reicht auch bereits ein Platz auf dem Podium aus. Grundsätzlich sind die Missionen belanglos und wenig inspirierend, da sie kaum über Positionsanforderungen oder Kurvenmanöver hinausgehen.
Am unteren linken Bildschirmrand gibt es eine eigene Kurvenmap. Diese dient dazu, um eine Piste zu 100% abzuschließen. Passend dazu bestehen eben auch die oben bereits erwähnten Kurvenmanöver. Sobald ihr ein Rennen absolviert habt, bekommt nicht nur euer Fahrer Erfahrungspunkte, sondern auch das verwendete Fahrzeug. Ob dieses Splitting notwendig war, lasse ich zur Debatte offen, denn im Grunde genommen sorgen beide für denselben Effekt: Ihr schaltet mehr Möglichkeiten (Tuning, Aussehen, neue Autos, Rennserien, etc.) frei. Nur der Vollständigkeit halber: Project CARS 3 trackt jede Menge Daten von euch. Sei es Siege, Polepositions oder auch gemeisterte Kurven und so weiter und so fort.
Im Rahmen der Karriere rast ihr dann auch im Rahmen von verschiedenen GT-Rennen bis hin zu Cup-Rennen durch die Welt. Gelegentlich gibt es Events, die ganz besondere Herausforderungen bieten. Die Menge an Inhalten alleine dürfte euch locker über 20 Spielstunden beschäftigen. Doch wie es sich für ein Project CARS Titel gehört, ist damit noch lange nicht das Ende aller Tage erreicht.
Project CARS 3 – Tuning bis ins Detail für ein solides Fahrgefühl
Wie auch schon der Vorgänger bietet der dritte Ableger der Reihe ein ausgetüfteltes Tuning-Gerüst. Hier könnt ihr von Reifen über Bremsen bis hin zur Kraftstoffeinspritzung eine ganze Menge an Anpassungen vornehmen. Dabei solltet ihr aber nie das Maß der Mitte aus den Augen verlieren, denn zu viel Leistung könnte schlecht für den Grip sein. Zu wenig Leistung hingegen macht es schwerer, die Poleposition zu ergattern. Jedes neue Bauteil wirkt sich sofort auf das Fahrgefühl aus – und zwar merklich! Wer sich so richtig austoben will, kann überdies Reifendruck oder etwa Bremskraftverteilung eigens anpassen. Die Simulationswurzeln sind also nicht ganz verlorengegangen!
Während die Steuerung, insbesondere die Controller-Steuerung, sowie das Handling der Karren im Vorgänger noch verbesserungswürdig gewesen sind, so gibt es diese Probleme nicht mehr. Das dürfte vermutlich auch daran liegen, dass es keine Simulation mehr ist. Als Arcade-Racer fühlt sich Project CARS 3 einfach richtig gut an. Das Fahrerlebnis gibt mir stets das Gefühl, Herr der Lage zu sein und nie die Kontrolle zu verlieren. Selbst wenn mein Heck ausbricht, habe ich eine vollkommen realistische Chance das Schicksal zu wenden. Das mag nun Sim-Freunden den Spaß verderben, eröffnet aber einer riesigen Menge an Spielern den Zugang zum Rennspiel.
Doch was ist, wenn alle Hilfen abgeschaltet sind? Auch dann ist das Fahrgefühl natürlich superb, doch am Ende vom Tag ist Project CARS 3 ein Arcade-Racer. Und diesen Umstand bemerken Sim-Fans an jeder Kurve. So richtig realistisch wirken manche Manöver nicht und Fahrfehler werden nicht annähernd so hart bestraft wie noch in beiden Vorgängern. Es spielt sich merklich einfacher und einsteigerfreundlicher. An dieser Stelle sei erwähnt: Wer ein Lenkrad benutzt, hat gegenüber Controller-Nutzern das Nachsehen! Die Unterstützung ist ohnehin holprig, da längst nicht alle Lenkräder unterstützt werden. Enttäuschend, vor allem nach Teil 2.
Technik-Check & Gegner-KI
Technisch gesehen ist Project CARS 3 ein Rückschritt gegenüber Teil 2. Und dabei ist die Engine nahezu unverändert. Tatsächlich gibt es auf der PS4 Pro sogar neue Schönheitsfehler. Anti-Aliasing ist deutlich sichtbar. Die Framerate ist nicht konstant und aufgrund des Wegfalls von Simulationen bilden sich keine dynamischen Pfützen mehr bei Regen. Und genauso wenig verschwinden diese Pfützen im Verlauf des Rennens. Selbst die Fahrzeugmodelle wirken im Vergleich zu Teil 2 alt und unschön. Teilweise gibt es nicht einmal Reflektionen zu sehen. Es ist schlicht enttäuschend, was der dritte Teil auf Konsolen bietet. Doch auch PC-Spieler bleiben hier nicht verschont. Selbst mit maximalen Einstellungen sieht das Spiel schlechter aus als sein Vorgänger. Generell tut sich das Gefühl auf, als Zielen die Entwickler von Slightly Mad Studios auf ein Mobile-Game Look ab.
Dasselbe Drama spielt sich beim Sound ab. Haben die Entwickler für Teil 2 noch die richtigen Motoren der Karren aufgenommen und ins Spiel eingespeist, dröhnt generischer Motorensound aus denen von Teil 3. Wie selbst bei einem Fahrzeugpool von 90% aus Teil 2 so ein Copy-Paste-Fehler passieren kann, ist mir überhaupt nicht ersichtlich. Die Lizenzen sind schließlich da. So kommt kein immersives Fahrgefühl auf.
Genauso muss ich über die KI meckern. Auf leichteren Schwierigkeitsgraden fällt die Inkonsistenz nicht auf, doch auf Legendary ist die KI schlicht unfair oder dumm. Kein Dazwischen. Nutzt ihr vor allem ein Lenkrad, seid ihr im Nachteil, denn die KI-Fahrer müssen nicht schalten und verlieren somit nicht kurz an Schub. Und damit fahren sie euch auf Geraden einfach davon. Dann wiederum fahren sie teilweise so schlecht, dass ich in anderen Rennen locker 10 Sekunden Vorsprung auf Platz 2 hatte. Verstanden habe ich das im Rahmen meiner 20 Spielstunden bis heute nicht.
Fazit:
Project CARS ist tot. Was auch immer Slightly Mad Studios hier gemacht hat, es gefällt mir persönlich überhaupt nicht. Und ich frage mich auch ganz ernsthaft, wer oder was die Zielgruppe sein soll. Sind es Spieler, die GRID bzw. Forza oder Gran Turismo mögen? Dann tut es mir leid, aber diese drei Spiele spielen in einer völlig anderen Liga als Project CARS 3. Ja, als Arcade-Racer ist es nicht schlecht und auch generell ist der Titel durchaus brauchbar – ansonsten würde hier keine 7/10 stehen. Project CARS galt immer als Ausnahmetitel, weil es eine Nische füllt, die kein anderer Titel so gut gefüllt hat. Jetzt ist es nur noch eines von vielen Spielen.
Gameplay-technisch kann ich Teil 3 natürlich nicht viel ankreiden. 211 Karren, zahlreiche Locations und Layouts, eine sehr umfangreiche Karriere, viele Tuning-Optionen und dergleichen sprechen definitiv für sich. Auch der Online-Modus wirkt nett, wobei ich den aufgrund des Testzeitpunkts vor Release nicht allzu ausgiebig testen konnte.
In Summe bleibt zu sagen: Wenn ihr Simulations-Fan seid, dann ist Project CARS 3 leider nichts für euch. Kauft euch Teil 2 und ihr werdet glücklich. Wollt ihr aber lieber einen Arcade-Racer mit riesigem Umfang? Ab dafür. Doch seid gewarnt: Gran Turismo 7 für PS5 steht in den Startlöchern und dürfte sowohl spielerisch als auch optisch um Klassen besser sein.