Im Test beweist Wasteland 3, dass es nicht nur auf dem PC ein erstklassiger Old-School-RPG-Titel ist, sondern auch auf Konsolen bestens funktioniert. Vor allem Neulingen dürfte der dritte Ableger bestens gefallen! Zwar handelt es sich hierbei weiterhin um ein Hardcore-Titel, doch die zahlreichen QoL-Änderungen bieten auch Einsteigern beste Gelegenheiten, in die Apokalypse einzutauchen. Was sich die Entwickler ausgedacht haben und wie es sich spielt, erfahrt ihr in den nachfolgenden Zeilen!
Die Storyline des Spiels knüpft direkt an den Vorgänger an. Zwar haben die Ranger in Arizona gewonnen, doch deren gesamte Struktur sowie Hab und Gut sind zerstört. Doch Hilfe scheint nicht weit entfernt zu sein, denn ein „guter Mann“ aus Colorado bittet die Ranger um Hilfe. Im Gegenzug bietet er wiederum Geld, Proviant und die nötigen Materialien zum Wiederaufbau. Ein verlockendes Angebot, doch wie so oft steckt der Teufel in den Details.
Und so ist es wenig überraschend, dass schon nach wenigen Spielminuten die nahezu gesamte Truppe über den Jordan geschickt wird. Mit zwei Ausnahmen. Diese beiden Figuren dürft ihr selbst über den Editor erschaffen. Der Auftraggeber ist natürlich besorgt um die verbleibenden beiden und tut alles, was in seiner Macht steht, um euch wieder auf die Beine zu helfen. Ihr erhaltet nicht nur eine Basis, sondern auch neue Kollegen und Brotkrummen, wo es denn weitergehen sollte. Und an den ersten Quests werdet ihr locker die nächsten zehn bis zwanzig Stunden verbringen. Oder mehr, sofern es euch lieb ist. Wasteland 3 vergeudet keine Zeit und klotzt, anstatt zu kleckern.
Wasteland 3 – Moral, Quests und mehr
Die Quests an sich sind sehr abwechslungsreich gestaltet und reichen von kurzen, fünfminütigen Intermezzos bis hin zu stundenlangen Aufgaben, die eine Menge Aufmerksamkeit erfordern. Die Texte (englische Sprachausgabe sei an dieser Stelle erwähnt) sind sehr gut – sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch. Ein wichtiges Element bei allem, was ihr macht, spielt die Moral. Ist es euch recht, wenn jemand Selbstjustiz durchführt? Oder lasst ihr die Gesetzeshüter ihre Arbeit machen? Sehr schön ist, dass sofort einsehbar ist, bei welcher Fraktion ihr Ruf bekommt für jeweilige Aktionen.
Spannend ist überdies, dass ihr voll und ganz auf den Psycho-Trip gehen könnt. Heißt: Ihr sorgt für mächtig Chaos und umgebt euch mit ebensolchen Psychopathen. Das wiederum sorgt für allerhand inneren Zwist in der Gruppe. Vieles aber dürfte Fans der Vorgänger bekannt vorkommen. Die Entwickler waren vielmehr darauf bedacht, die Spielmechaniken zugänglicher zu machen, ohne dabei die Hardcore-Elemente aus den Augen zu verlieren. Statt beispielsweise jeden Gegner einzeln zu looten, sammelt ihr nun alle Gegenstände in naher Umgebung auf. Es sind die kleinen „Quality-of-Life“ (QoL) Änderungen, die das Spielen von Wasteland 3 so viel angenehmer gestalten als noch den zweiten Ableger.
Eine echte Neuheit gegenüber Teil 2 ist jedoch, dass es eine Außenwelt gibt, die ihr so auch bereisen könnt. Passend dazu bekommt ihr ein Snow-Mobile an die Hand, mit dem ihr euch auf die Suche nach neuen Örtlichkeiten macht. Und hier muss ich auch mal wirklich meckern: Warum ist das Ding bitte so langsam und träge? Das verdirbt mir andauernd den Erkundungsspaß. Ganz nett ist aber dennoch: Die Oberwelt fühlt sich an die die guten alten Milleniumswechsler. Sprich: Kleinere Ereignisse, Dungeons und so weiter und so fort geben sich die Klinke. Es hat den Charme eines Final Fantasy Klassikers mit seinen Außenwelten, fühlt sich aber trotzdem noch halbwegs modern an. Schwer zu beschreiben.
Lasst sie kämpfen!
Ich persönlich habe mich jedes Mal darauf gefreut, wenn die Fetzen geflogen sind. Die Rundenkämpfe in Wasteland 3 sind einfach grandios. Sei es alleine die Vorbereitung oder die Überlegungen während des Kampfes. Von Teamkomposition über Skillsets bis hin zur Ausrüstung. Alles will und soll sorgfältig geplant sein. Stur auf Feinde zuzugehen ist eine der dämlichsten Ideen, die ich mir schnell selbst ausgeredet habe. Warum? Natürlich geht der erste Zug an die Feinde. Viel spannender ist es, sich die Umgebung genauer anzuschauen und zu gucken, ob denn nicht Elemente versteckt sind, die mir im Kampf helfen. Damit ist es teilweise möglich, Kämpfe zu gewinnen, die man so nicht gewinnen könnte. Vor allem auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad ist es absolut notwendig, ansonsten seid ihr immer (!) im Nachteil.
Das liegt viel weniger an deren überragenden KI, das ist sie freilich nicht. Vielmehr sind es deren Positionen auf dem Kampffeld sowie deren zahlenmäßige Überlegenheit. Was auf Easy absolut kein Problem ist, bereitet auf Normal bereits Kopfzerbrechen. Zumal ihr spätestens dann auch Statusveränderungen beherzigen müsst. Doch keine Sorge. Ihr habt mehr als ausreichend Mittel und Wege, um euch zu wehren. Das besagte Schneemobil ist eines davon. Das Teil lässt sich nämlich als Waffe verwenden und kann überdies in der Werkstatt aufgemotzt werden. Somit erschließt ihr also nicht nur neue Gebiete, sondern nutzt auch stärkere Rüstungen oder Waffensysteme.
Darüber hinaus verteilt ihr natürlich Skills an eure Charaktere – sowie Jobs. Hierbei sei gesagt, dass ich es für wenig sinnvoll halte, Helden eine zweite Waffenfertigkeit zu geben. Stattdessen fuhr ich persönlich mit einer zweiten Jobklasse wesentlich besser. Eine clevere Kombination ist schlicht besser (weil flexibler) als eine zweite Fertigkeit.
Wasteland 3 – Mehr Komfortoptionen & Konsolen-spezifische Infos
Auch in den ohnehin schon tollen Kämpfen haben die Entwickler bei inXile diverse QoL-Spielereien eingebaut. Fortan könnt ihr die Trefferchancen einsehen, wenn ihr euch auf eine neue Position begebt. Vorbei sind also die Zeiten, in denen ihr raten musstet, ob ein Schuss nun ins Leere geht oder voll durchschlägt. Das ganze System ist nun merklich flexibler, ohne dabei an Komplexität zu verlieren.
Weiter oben habe ich kurz die Teamkomposition aufgegriffen. Zu Beginn habt ihr nur zwei Charaktere. Doch schon nach kurzer Zeit stoßen weitere Charaktere hinzu, die eigene Spezialisierungen aufweisen. Selbstverständlich könnt ihr euren beiden Recken ebenfalls Spezialisierungen zuweisen. Was allerdings auch möglich ist: Jeden einzelnen Kumpanen selbst zusammenzubauen. So ist es theoretisch möglich, ein Heer von Snipern zu erschaffen. Ob das sinnvoll ist, steht freilich auf einem anderen Blatt. Wasteland 3 bietet eine Fülle von Möglichkeiten, Charaktere zu modifizieren und zu individualisieren. Egal ob Rüstungen oder Waffen, auch deren Skills könnt ihr frei bestimmen.
Das hat nur den Nachteil, dass die Kerntruppe keine eigenen Persönlichkeiten im Spiel darstellen, sondern lediglich willenlose NPCs (mehr oder weniger) darstellen. Das ist schade, weil damit nur noch die echten NPCs übrigbleiben und somit die Storyline bzw. die Atmosphäre des Spiels ausmachen. Es funktioniert über weite Strecken sehr gut, doch manchmal hätte ich mir auch einen bissigen Kommentar meines Alter Egos gewünscht.
Technisch gesehen macht die getestete PS4-Version einen sauberen Eindruck. Die Steuerung ist sehr gut auf die Umstände des Controllers portiert. PC-Spieler haben aufgrund Maus/Tastatur einen spürbaren Vorteil, doch niemals kam mir der Gedanke auf, die Konsolenfassung sei ein Afterthought gewesen. Absolut saubere Leistung seitens inXile. Akustisch gibt es ebenfalls wenig zu meckern. Die englischen Sprecher sind sehr gut und die musikalische Untermalung exzellent.
Fazit:
Wasteland 3 ist einfach geil. So salopp und wenig professionell der Satz klingen mag, so sehr spricht er mir aus der Seele. Ich mochte schon Teil 2 und der dritte Ableger erfindet das Rad ganz sicher nicht neu, aber er packt die besten Felgen drauf, verziert diese mit Gold und lässt sie einfach durchgehend glänzen. Die Entwickler bei inXile haben an exakt den richtigen Stellen angesetzt und das bewährte Prinzip an jeder Ecke verfeinert. Die begehbare Außenwelt ist cool gemacht und wirft mich in die frühen 2000er zurück – auf eine sehr nostalgische Art und Weise. Insbesondere erschrocken haben mich alle QoL-Implementationen, die ich in Spielen dieser Art gar nicht gewohnt bin. Und das Beste: Wasteland 3 hat überhaupt nicht an Komplexität verloren!
Klar, technisch sieht das Spiel gegen die Konkurrenz alt aus. Doch genau das wirkt charmant. Etwas schade ist lediglich, dass das Szenario weitestgehend hinter seinen Möglichkeiten bleibt (Post-Apokalypse und schwach verwendete Klischees obendrauf). Zudem sind die Auswirkungen eurer Entscheidungen nicht so ganz krass wie in anderen Genrevertretern. Doch all das ist Meckern auf wahnsinnig hohem Niveau. Machen wir es daher kurz: Wasteland 3 ist ein Pflichtkauf für Fans der alten RPG-Schule.