Im Test beweist Judgment, dass es auch auf der PS5 ein ausgezeichneter Detektiv-Thriller ist, der technisch dank zusätzlicher Power überzeugt. Wir haben für euch herausgefunden, wie das Spiel auf Sonys neuester Konsole performed, welche Auflösung es bietet und was sonst noch so neu ist! Lest unseren umfangreichen Test zum Spiel und erfahrt alles, was ihr zum Geheimtipp der Yakuza-Reihe wissen müsst!
Judgment – PS5 Technik Check
Die PlayStation 5 Version von Judgment macht einen optisch sehr viel schickeren Eindruck als die PS4 (Pro) Fassung. Das liegt an gleich drei Faktoren. Zuerst wäre hier die auffälligste Änderung: Der Farbkontrast ist nicht mehr überzogen warm, sondern nun etwas kälter. Dadurch wirken die Charaktere nicht mehr überzeichnet, sondern merklich realer, was dem Look & Feel des Spiels sehr guttut. Auf der anderen Seite seien hier die besseren Texturen und auch die generell bessere Ausleuchtung zu erwähnen. Während die Änderungen nicht sofort ins Auge fallen, so sind sie schnell bemerkbar, sobald ihr wisst, worauf zu achten ist.
Die zweite große Änderung betrifft die Framerate. Während PS4 Zocker noch in 30 FPS gezockt haben, dürfen PS5-Spieler in völlig stabilen 60 FPS spielen. Abstürze der Framerate haben wir in den ersten 10 Spielstunden nur sehr selten erlebt und dann in Zwischensequenzen (bis in die unteren 50 FPS) sowie bei größeren Ansammlungen von Feinden (FPS bis zu 56 gedroppt), was dem Spielspaß keinerlei Schaden zufügte. Sobald die PS5 VRR unterstützt, werden diese kleinen Drops nicht einmal mehr dem geschulten Auge auffallen.
Und zuletzt wäre da noch die Auflösung. Während die PS4 Pro mit 1080p und die PS4 mit 900p auflöste, bekommt ihr auf der PS5 1440p nativ zu sehen. Judgment skaliert dann über Checkboard das Bild auf 4K hoch, macht aber jederzeit einen sehr guten Eindruck. Die verwendete TAA-Lösung hinterlässt kein Kantenflimmern und lässt das Bild wie natives 4K wirken. Auch die Ladezeiten sind unglaublich kurz. 6 Sekunden vom Startmenü bis zum Zocken auf der PS5 vs mehr als 30 Sekunden auf der PS4 für denselben Bereich.
Unglaublich frech auf der anderen Seite: PS4 Spieler erhalten kein Upgrade auf die PS5, sondern müssen das Spiel schlicht nochmal kaufen. Auch der Spielstand ist nicht übertragbar.
Judgment – Die Story kurz und knapp
Die Handlung von Judgment spielt nach den Ereignissen von Yakuza 6. Der Tojo Clan hält Kamurocho weiterhin fest im Griff, agiert im Spiel jedoch eher aus dem Hintergrund heraus. Viele kleine Untergruppen haben sich gebildet und wollen irgendwie an die Macht. Yagami war einst ein hoch angesehener Anwalt, der zuvor einen eigentlich schuldigen Mörder freigesprochen bekam, nur damit jener sofort nach Freilassung seine Freundin brutal ermordet. Yagami fühlte sich schuldig und trat zurück. Seither lebt er als privater Detektiv und will am besten nichts mehr mit seiner Vergangenheit zu tun haben – leichter als gesagt in der Stadt, die nie vergisst.
Judgment – Kamurocho: Die Stadt der Sünde
In Kamurocho, eine Stadt angelehnt an das reale Kabukicho (Tokyos Rotlichtviertel), geht ein Serienmörder um. Dieser krallt sich insbesondere Yakuza-Mitglieder und sticht denen die Augen aus. Im Rahmen der Storyline gilt es herauszufinden, wer der Mörder ist, was seine Motive sind und warum die halbe Unterwelt ihn schützen will. Inmitten der Verhandlungen gilt es noch viele weitere Mysterien zu enthüllen, die Kamurocho sichtlich in einem pechschwarzen Licht erscheinen lassen. Und so sind wir alle einmal mehr gefangen in einem grellen Neonlicht, dessen Fassade glitzert, das Innere aber unheilbar verdorben ist.
Die Storyline des Spiels ist über jeden Zweifel erhaben und knüpft problemlos an die erstklassigen Geschichten der Yakuza-Spiele an. Yagami und seine Freunde sind spitze in Szene gesetzt und verhalten sich durchgehend realistisch. Mal mehr oder weniger rational, schlicht menschlich. Dazu trägt natürlich auch die erstklassige japanische Sprachausgabe bei. Die englischen Sprecher sind gut, kommen meiner Meinung nach allerdings nicht an die Klasse der Originale ran. Kleiner Hinweis: Erstmals in einem Spiel der Yakuza-Macher (Ryu Ga Gotoku Studios) dürft ihr euch auf deutsche Untertitel freuen! Beachtet nur, dass eine eklatante Menge an lustigen Wortwitzen oder spitzfindigen Formulierungen auf dem Weg vom Japanischen ins Englische ins Deutsche komplett verloren gehen oder entfremdet sind. Basis der deutschen Übersetzung bildet nämlich die englische Fassung.
Darüber hinaus könnt ihr euch im Rahmen der 13 Kapitel natürlich allerhand Nebenmissionen gönnen. Wenn allerdings nur die Hauptstory relevant sein soll, beläuft sich die Spielzeit auf etwa 20 Stunden. Mein erster Durchlauf betrug 102 Spielstunden (Hard-Mode), weil ich alle 50 Nebenmissionen absolviert, alle Freundinnen für mich gewonnen und Freunde gefunden sowie Minispiele perfektioniert habe. Wie ihr seht: Es gibt eine Menge zu tun – ganz typisch für die Yakuza-Reihe.
Judgment – Yakuza meets L.A. Noire
Während der 13 Kapitel gilt es allerhand Aufgaben zu lösen. Dabei orientiert sich das Spiel grundsätzlich an den Spielmechaniken der Yakuza-Reihe, insbesondere den etwas neueren Ablegern Kiwami 2 und Yakuza 6. Um das Ganze noch zu verfeinern, gibt es allerhand eigene Ideen für das Detektiv-Epos. So manche Mechaniken erinnern hierbei an Spiele wie L.A. Noire oder die Layton-Reihe von Nintendo. Hin und wieder müsst ihr nämlich verdächtige Personen beschatten, nehmt Inkognito Bilder auf oder sucht mittels Fotokamera nach wichtigen Hinweisen auf den Tathergang. Und wenn es mal drunter und drüber geht, dann gilt es eine Verfolgungsjagd durchzuführen, bei der ihr selbst allerdings nur Abfolgen von Buttondrücken durchführt – der Rest läuft auf Schienen. Weiterhin gilt es an manchen Stellen auch verdächtige Personen zu interviewen, wobei euch verschiedene Fragen zur Verfügung stehen.
Bei den Fragen kommt es weniger auf die Reihenfolge als auf die Wichtigkeit an. Eine Skala am oberen rechten Rand zeigt an, inwiefern ihr die „richtigen“ – im Sinne von wichtigsten – Fragen wählt, um so SP-Bonuspunkte zu erhalten. Mit SP lässt sich Yagami nämlich verbessern, ähnlich wie Kiryu in Yakuza. Dabei stehen euch grundsätzliche soziale Features über Kampffähigkeiten bis hin zu Kampftechniken zur Verfügung. SP bekommt ihr wie gewöhnlich für Kämpfe, leckeres Essen bzw. Getränke und für den Abschluss von Nebenaufträgen oder den Hauptmissionen.
Die Detektivspielchen sind gut gemischt, wenngleich das Beweisfoto-Spiel für meinen Geschmack zu selten vorkommt, wodurch sich eine Art Wiederholungseffekt einschleicht, der so nicht nötig wäre. Während der Hauptmissionen steht ohnehin der Dialog im Vordergrund, die Action dient eher als nette Beilage. Das Verhältnis dreht sich in den Nebenmissionen hingegen um. Wer also mehr die Fäuste fliegen lassen will, hat hier die Gelegenheit dazu. Insgesamt aber wirkt das Gameplay im Bereich der Hauptmissionen sehr rund und macht nichtsdestoweniger viel Spaß.
Judgment – Wer suchet, der findet
Und damit will ich auch gar nicht länger fackeln und über die zahllosen Nebenaktivitäten in Judgment sprechen. Wie auch schon bei den Yakuza-Spielen gibt es eine ganze Menge davon. Doch ich will mit einer traurigen Nachricht beginnen: Es gibt keine Karaoke Bar und das Cabaret-Feature ist auch nicht dabei. Gut, letzteres wäre etwas seltsam für einen Detektiv. Aber der Verzicht auf Karaoke ist bedauerlich, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass Yagami von Takuya Kimura gespielt wird. Und eben jener ist ein beliebtes Mitglied der japanischen Musikgruppe SMAP nebst seiner Tätigkeit als Radiomoderator und Darsteller.
Die Drohnen-Rennen ersetzen die früheren Poket-Racer, das VR-Spielchen ist eine coole Neuheit und passt ganz ins Zeitalter der Reihe, die nunmehr in 2018 stattfindet. Zudem ist das VR-Minispiel mein absolutes Highlight, weil es die verrückte Machart der Ryu Ga Gotoku-Entwickler exzellent zur Schau stellt. Kamuro of the Dead macht Bock, wenngleich eine Lightgun-Unterstützung hierfür hilfreich wäre und alles andere dürftet ihr bereits kennen. UFO-Catcher sowie diverse SEGA-Spiele wie beispielsweise Fighting Vipers und Motor Raid.
Daneben gibt es in Yagamis Büro/Wohnung eine Pinball-Maschine oder abseits dessen auch verschiedene Majong-Varianten. Ein Casino mit Blackjack und Poker darf selbstverständlich nicht fehlen. Damit ist es aber noch längst nicht getan! Insgesamt könnt ihr nämlich bis zu 50 Freunde im Spiel gewinnen, wobei mir das Feature zu oberflächlich ist. Ihr kauft z.B. bei Poppo einfach Gegenstände im Wert von 70.000 Yen und habt einen „besten Freund“ oder ordert in einem Restaurant simpel das ganze Menü. Gelegentlich sind sie dann nützlich, wenn sie euch in EX-Manövern aushelfen oder Gegenstände schenken. Freundinnen, wovon ihr bis zu vier haben könnt, sind dagegen schon besser integriert.
Judgment – Wohin die Liebe fällt
Das Freundinnen-Feature ist vergleichbar leicht zu übersehen, weil es rein optional ist. Ihr lernt sie alle nämlich in einer Reihe von Nebenaufträgen an. Ein Nebenauftrag davon aus BAR Tender (die anderen Nebenaufträge gibt es in Yagamis Büro oder seinem ehemaligen Arbeitgeber). Ich will euch hierbei gar nicht so viel spoilern, denn die Geschichten der vier Mädels sind allesamt rührend und lustig zugleich. Die Abläufe ähneln sich aber. Nach einer kurzen Kennenlernphase geht ihr auf Dates, dürft dann ein paar private Gespräche führen und Selfies aufnehmen. Die Handykamera erlaubt verschiedene Filter und Gesichtsausdrücke von Yagami – Spaß macht es allemal! Und wenn ihr ganz monogam seid und keinen Mist baut, dürft ihr euch am Ende vielleicht auf ein „I Love You“ freuen!
Die sonstigen Nebenmissionen sind ein gelungener Mix aus klassischen Bring- und Holaufgaben, die ihr bereits aus Yakuza-Spielen kennt und aus eigenen Späßen. Am besten haben mir jene Aufträge gefallen, die auch die neuen Spielmechaniken von Judgment nutzen. Die Drohne könnt ihr beispielsweise jederzeit einsetzen und einige Missionen machen einen sehr cleveren Gebrauch davon. Die Geschichten darin spiegeln Japans Kultur und Probleme auf süffisante Art und Weise wider. Natürlich darf ein Unterwäsche-Jäger oder Grabscher nicht fehlen genauso wie die verkorkste Liebesgeschichte eines offensichtlichen Losers. Mein persönliches Highlight aber war eine Mission in einem Sushi-Haus, wo es um einen „brutalen Mord“ ging. Und so viel vorab: Es kommt völlig anders!
Wie auch schon bei Yakuza schaffen es die Entwickler bei Judgment, das eigentlich extrem ernste Motiv des Spiels humorvoll mit allerhand absurden Missionen aufzulockern. Kenner lieben es und Neulinge erfreuen sich hier der Eigenheiten Japans. Man muss es einfach lieben.
Judgment – Kranich und Tiger vereint
Das Kampfsystem von Judgment basiert auf den Grundzügen von Yakuza. Yagami besitzt zwei Stile – den Kranich- und Tiger-Stil. Mit ersterem könnt ihr vor allem eine Gruppe von Gegnern im wahrsten Sinne des Wortes vom Platz fegen. Der Tiger-Stil eignet sich für mächtige Solo-Angriffe, die ihr mit SP-Punkten maßgeblich erweitern könnt. Sehr schön ist auch, dass euch im späteren Verlauf des Spiels ein Animation-Cancel zur Verfügung steht. Das ist insbesondere bei Bosskämpfen hilfreich, wenn diese ihre EX-Leiste verwenden und mächtige Attacken ausführen, die ihr nicht unterbrechen könnt.
Wie schon in Yakuza Kiwami 2 könnt ihr auch in Judgment die EX-Leiste als Zündstoff nutzen, um für kurze Zeit extrem mächtig zu werden. Dann wirft euch nichts um und Angriffe verursachen wesentlich mehr Schaden. Nicht fehlen dürfen die mitunter lustigen Ex-Finisher. Egal ob Anzeigentafel, Fahrrad, Motorrad oder Stäbchen. Wenn Yagami es greifen kann, kann er es auch als Waffe nutzen. Die Animationen sind unglaublich befriedigend und stellen die Yakuza-Reihe völlig in den Schatten. Eine coole Neuheit ist, dass Yagami Wandsprünge für Angriffe nutzen kann. Seine Agilität erlaubt es ohnehin, mehr schicke Tricks auszuführen als sie es noch Majima und Kiryu drauf hatten. Yagami kann zudem durchgehend rennen ohne aus der Puste zu kommen und gelegentlich dürft ihr euch auf beste Parkour-Manöver freuen, die völlig automatisch ablaufen und schick aussehen.
An dieser Stelle ein Hinweis: Wenn ihr euch zu lange in einem Kampf aufhaltet, kommt die Polizei und kann euch ins Gefängnis stecken. Was dann passiert? Nun, das verrate ich nicht. Das müsst ihr selbst herausfinden – es ist aber durchaus lustig! Und nicht sonderlich empfehlenswert.